Entwicklungshilfe finanziert Airbusse statt Armutsbekämpfung

Im schicken GTZ-Büro in Peking spricht man über Finanzierung des Transrapids. Weniger als ein Drittel der Mittel fließt in Armutsbekämpfung

Peking (taz) – Regierungsberatung statt Basisarbeit: Die deutsche Entwicklungshilfe in China gibt sich derzeit ein neues Profil.

Kein anderes Land der Welt bezieht mehr Gelder aus der deutschen Entwicklungshilfe als China. Grund genug, die Aktivitäten der verschiedenen Organisationen zu bündeln und in Peking ein neues „Büro für Deutsche Entwicklungszusammenarbeit“ zu eröffnen.

Aus diesem Anlass feierten die Vorstände von drei deutschen Entwicklungshilfeorganisation am Dienstag in Gegenwart von Bundesfinanzminister Hans Eichel ihr China-Engagement gleich dort, wo sie in Zukunft residieren: Im neu errichteten Sunflower-Tower, nur drei Etagen unter dem Hauptbüro von BASF in Peking.

Natürlich ist an einem solchen Tag nicht von Armut und Elend die Rede. Und mit Blick auf das benachbarte Kempinski-Hotel wird das auch in Zukunft unangebracht sein. Vielmehr schwärmen die Entwicklungshelfer neuen Typs von Exportkrediten für Airbus-Flugzeuge. Hierfür haben sie „kreative Finanzierungsmodelle“ entworfen. In China viel gereisten deutschen Managern wird damit manch angenehmer Flug erklärt. Denn darum geht es offenbar: „Um die Begleitung deutscher Betriebe, für die der chinesische Markt immer mehr an Bedeutung gewinnt“, wie Stephan Kinnemann, Geschäftsführer der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) in Köln, das Ziel seiner Chinaarbeit umreißt.

Auffallend ist zwar, dass Kinnemann dazu Broschüren verteilen lässt, in denen seine Chefin, Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, der deutschen Entwickungspolitik ganz andere Ziele zuschreibt: Armutsbekämpfung zum Beispiel.

Doch über solch banale Absichten sind die Herren im Sunflower-Tower längst hinaus. Noch gerade „49 Millionen von 180 Millionen Mark“ der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) werden für die „klassische Armutsbekämpfung“ eingesetzt.

Und GTZ-Chef Bernd Eisenblätter macht keinen Hehl daraus, dass diese Summe für ihn noch zu hoch liegt: Regierungsberatung sei in China effektiver.

Die Basisarbeit will die GTZ weiter abbauen. „Unser neues Thema in China heißt Transport“, betont Eisenblätter. Man liest dem deutschen Entwicklunghelfer dabei von den Lippen ab, dass er an den Transrapid denkt, über den Finanzminister Eichel in Peking gerade verhandelt – und nicht etwa an die Esel in Tibet, die die Ärmsten der Armen tragen.

Dabei sind es Leute wie der GTZ-Ingenieur Ulli Frings, der seit acht Jahren in tibetischen Dörfern kleine Wasserkraftwerke installiert, mit denen sich die deutsche Entwicklungshilfe in China schmücken könnte.

Stattdessen erweckt die deutsche Entwicklungshilfe im Sunflower-Tower den Eindruck, dass sie alles dafür tut, damit Flugzeuge und Bahnen zwischen chinesischen Großstädten genauso pünktlich verkehren wie bei uns.

Georg Blume