Atom-Widerstand auf die Straße tragen

■ Regenbogen kritisiert Castor-Transporte, GAL hofft auf den Konsens-Kanzler

Heftige Kritik am grünen Bundesumweltminister Jürgen Trittin übte gestern der Hamburger Regenbogen. Die Entscheidung des Trittin unterstellten Bundesamtes für Strahlenschutz in Salzgitter, den Stopp von Atomtransporten aufzuheben, „ist unverantwortlich“, erklärte der Bürgerschaftsabgeordnete Lutz Jobs. Trittin sei, so Jobs, endgültig „vor der Atomlobby eingeknickt“. Zugleich kündigte der energiepolitische Experte des Regenbogen an, „gemeinsam mit der außerparlamentarischen Anti-Atom-Bewegung den Widerstand auf die Straße zu tragen“, wenn Castor-Transporte durch Norddeutschland rollen sollten.

Davon dürfte allerdings nicht vor Herbst auszugehen sein. Die Genehmigungen gelten für Castor-Transporte abgebrannter Brennelemente aus drei süddeutschen AKWs in das westfälische Zwischenlager Ahaus (taz berichte ges-tern). Transporte in das Zwischenlager Gorleben im Wendland werden frühestens nach dem Ende der Expo 2000 in Hannover im Oktober dieses Jahres erwartet.

Eine entsprechende Übereinkunft hatten die Regierungschefs der Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein und Niedersachsen bereits am 26. März 1999 am Rande einer Konferenz in Lübeck erzielt. In jener vertraulichen Kaminrunde dabei waren seinerzeit Manfred Timm, Vorstands-Chef der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW), und Hans-Dieter Harig, Boss des Hannoveraner Energiemultis PreußenElektra, der zusammen mit den HEW in wechselnden Mehrheitsverhältnissen die vier Atomreaktoren Stade, Brokdorf, Brunsbüttel und Krümmel betreibt. Transporte aus einem dieser Atommeiler, die auch durch Hamburg fahren müssten, drohen nach taz-Informationen frühestens im nächsten Jahr.

Keine Hoffnungen setzt Jobs auf das Treffen von SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder am nächsten Freitag mit den Chefs der vier größten deutschen Atomkonzerne. „Da wurde ein ganzes Jahr verschenkt“, glaubt Jobs in Erinnerung an das ers-te Konsensgespräch über den Atomausstieg am 26. Januar 1999. Die rot-grüne Verhandlungsposition von 30 Jahren AKW-Gesamtlaufzeiten sei nicht mehr als „ein betreiberfreundliches Auslaufmodell“.

Auch Axel Bühler räumt ein, sich „kürzere Fristen gewünscht“ zu haben. Aber das sei jetzt eben die nach kontroversen Debatten beschlossene grüne Position, seufzt der Energie-Experte der GAL-Fraktion. Erfreulich sei, dass am Dienstag die SPD-Bundestagsfraktion dem zugestimmt habe. Nun müsse nur noch der Kanzler „diese grüne Position gegen die Atomkonzerne durchsetzen“, setzt Bühler seine Hoffnungen auf Schröder.

Sven-Michael Veit