Zu Tode gereedert

Milde Bewährungsstrafen für die Schiffseigner der „Scantrader“, bei deren Untergang vor zehn Jahren zwölf Seeleute starben  ■ Von Elke Spanner

Sie sind verurteilt, alle drei. Für den Untergang des Zementfrachters „Scantrader“ hatte das Amtsgericht im ersten Prozess 1997 nur den Reeder Heinrich Beutler zur Verantwortung gezogen, seine mitangeklagten Geschäftspartner hingegen freigesprochen. Gestern verhängte das Landgericht für Heinrich Beutler, Sohn Heiner und Kompagnon Jerzy Kulakowski Freiheitstrafen von je acht Monaten auf Bewährung. Gemeinsam hätten sie im Februar 1990 angeordnet, dass die „Scantrader“ in Bilbao überladen auslief – und dadurch die Gefährdung der Besatzung in Kauf genommen. Das Schiff sank. Die zwölf Seeleute starben.

Doch der Tod der Mannschaft kommt im Prozess nicht zur Sprache. Die ursprünglich von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage wegen Mordes aus Habgier war nicht zugelassen worden. Jetzt geht es um Stabilitätspapiere, um die Beschaffenheit von Zement und darum, wer in der Reederei wovon wusste und wovon nicht. 28mal, stellte das Gericht fest, war die „Scantrader“ überladen auf See.

Die Angeklagten hatten stets darauf beharrt, weder die maximale Lademenge gekannt, noch gewusst zu haben, wieviel Fracht sich bei den einzelnen Touren an Bord befand. Allein der Kapitän, behaupteten sie, habe die Beladung organisiert. Ein ehemaliger Schiffsführer hatte ausgesagt, ihm sei 1989 fristlos von Heiner Beutler gekündigt worden, als er sich weigerte, zuviel Zement an Bord zu nehmen.

„Die Fracht, das war der Profit“, hielt der Vorsitzende Richter Georg Halbach den Angeklagten gestern in seiner Urteilsbegründung vor. Gemeinsam hätten die drei dem Kapitän die Anweisung erteilt, 2400 Tonnen Zement zu verfrachten, während die Stabilitätspapiere nur 2215 Tonnen erlaubten. Und: „Sie setzten die Besatzung unter Druck, die vollständige Menge zu verladen.“

Dennoch, so der Richter, sei zehn Jahre später nicht eindeutig nachweisbar, dass die „Scantrader“ sank, weil sie zuviel Fracht an Bord hatte – schließlich sei in der Biskaya Sturm und die Wellen bis zu acht Meter hoch gewesen. Die Verurteilung lautete deshalb nur auf „Versuchter gefährlicher Eingriff in den Schiffsverkehr“.

Wäre die Todesfahrt nicht schon zehn Jahre her, wären die Reeder nicht zu acht, sondern zu 14 Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Dass die Gerichte das Verfahren so lange verzögerten, wirke sich für die Angeklagten strafmildernd aus, sagte der Richter. Er verzichtete darauf, zusätzlich eine Geldbuße zu verhängen.

Die Beutlers und Kulakowski hatten sich zum Auftakt als völlig mittellos dargestellt. Dabei haben sie offensichtlich eine halbe Million Mark, welche die Unfallversicherung für die Angehörigen der verstorbenen indischen Seeleute zahlte, einkassiert. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit verwendeten die Angeklagten das Geld für sich“, sagte Richter Halbach. Das aufzuklären sei jedoch nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen.