Who shot the Sheriff?

In Nürnberg zanken zwei Polizeichöre um die Gunst des Publikums

Kriminalrat Albert Schindler ist Leiter des Präsidialbüros der Polizeidirektion Mittelfranken („Das ist praktisch der Leiter des Büros des Polizeipräsidenten“) und er spricht in Anführungszeichen. In Nürnberg gibt es nämlich den „ich sag’s mal in Anführungsstrichen richtigen“ und den „ich sag’s mal in Anführungsstrichen falschen“ Polizeichor.

Der seiner Meinung nach richtige Polizeichor heißt Nürnberger Polizeichor 1973 e. V. und ist eine Einrichtung im Rahmen der polizeilichen Öffentlichkeitsarbeit, die unter anderem „an Gräbern erschossener Polizisten“ singt. „Der Chor leistet schwere Trauerarbeit“, sagt Kriminalrat Schindler. Doch dieser richtige und uniformierte Polizeichor hat nun zivile Konkurrenz bekommen: Der Original Nürnberger Polizeichor wird erstmals am Freitag in der Nürnberger Tafelhalle „Lieder rund ums Verbrechen“ intonieren.

Das Repertoire, so entnimmt man der Presseankündigung, reicht von klassischen Polizeichorliedern, „Üb immer Treu und Redlichkeit“, bis zu eher unüblichen Gesangsstücken wie „My Dadday was a Bankrobber“ von The Clash oder Bob Marleys „I Shot the Sheriff“. „Allein deshalb sind wir schon näher am Thema dran“, erklärt der Chorleiter Gerhard Zimmermann. „Außerdem sind wir schon als Elton John and the windy candles aufgetreten oder als Abba-Zappa-Chor, und immer meinte das Publikum, wir klängen genauso wie der Original Nürnberger Polizeichor.“ Zudem seien alle Chormitglieder gebürtige Nürnberger und damit original.

Der Nürnberger Polizeichor 1973 e. V. sieht das anders. Verwechlungsgefahr droht! Denn laut Vereinsrecht (BGB § 57, Satz 2) soll sich der Name von „den Namen der am selben Ort oder in derselben Gemeinde bestehenden eingetragenen Vereinen deutlich unterscheiden“. Eine Umbenennung kommt allerdings für beide Chöre nicht in Frage. So wurde das Ansinnen von Chorvorstand Hauptkommissar Günther Schubert, die „Falschen“ könnten sich doch in „Police Singers“ umtaufen, abschlägig beschieden.

„Als Institution in spe kann man sich nicht dauernd umbenennen. Das wäre auch unfreundlich gegenüber unserem zahlreichen Publikum“, klagt Peter Zinke, Manager der Neugründung. Er traut seiner Combo eine glorreiche Karriere zu. Allerdings nicht unter diesem Namen, zumindest dann nicht, wenn es nach der Nürnberger Polizei geht. Für sie ist die Sache juristisch völlig klar. „Wenn der Original Nürnberger Polizeichor mehr als einmal auftritt, müssen wir klagen,“ soll Kriminalrat Albert Schindler gegenüber dem Management geäußert haben. Und gedroht hätte er angeblich auch: „Wir haben den Apparat dazu, locker bis vor das Bundesverwaltungsgericht zu gehen.“ Ebenso locker perlt das jedoch an Manger Zinke ab: „Wir sehen dem mit allergrößter Gelassenheit entgegen.“ Schließlich kam der eigene Rechtsberaterstab zu einem anderen Ergebnis, wonach eine Verwechslungsgefahr nämlich ausgeschlossen sei. Zudem stünden Polizeijuristen auch nicht gerade im besten Ruf. Derweil wird die Situation immer unübersichtlicher. Wie von der Polizei zu erfahren war, gibt es neben dem Nürnberger Polizeichor 1973 e. V. und dem neugegründeten Original Nürnberger Polizeichor noch einen dritten. Der heißt Shanty Chor und ist von der Wasserschutzpolizei. Vielleicht kann der ja vermitteln.

Jan Rosenkranz