Sparen an der richtigen Stelle

Grüner Vorstoß zur Deckung des erwartbaren Haushaltsdefizits: 45 Milliarden Mark könnten bei umweltschädlichen Subventionen gestrichen werden ■ Von Matthias Urbach

Berlin (taz) – Noch immer hält sich das Vorurteil: Umweltschutz kostet Geld. Doch oft genug ist das Gegenteil wahr. Viele Subventionen sind ökologisch schädlich, ihr Abbau entlastet also die öffentlichen Kassen und die Umwelt. Die drei grünen Bundestagsabgeordneten Reinhard Loske, Oswald Metzger und Klaus Müller legten gestern ein Papier vor, wie so ein grünes Sparen aussehen könnte – rund 45 Milliarden Mark ist nach ihrer Schätzung einzusparen an Subventionen für Autos, Flugzeuge, Steinkohle, Uran, Landwirtschaft und Landschaftszersiedelung (siehe Kasten).

Das Papier kommt keinen Tag zu früh. Gerade musste das Finanzministerium seine Defizitprognosen für das Jahr 2001 von ein Prozent auf eineinhalb Prozent korrigieren. Das Defizit hat gleich mehrere Gründe: 12,8 Milliarden kostet die Regierung allein ihre vorgezogene Einkommenssteuerreform. 9,5 Milliarden Mark und damit 4,5 Milliarden mehr als geplant kostet die Unternehmenssteuerreform – das sind bereits 17,3 Milliarden Mark an Mehrausgaben. Zusätzlich fehlen noch einmal 2 Milliarden Mark an Einsparung, die am Widerstand im Bundesrates scheiterten. Dagegen kann die Regierung nur auf 5 Milliarden Mark Mehreinnahmen durch die anziehende Konjunktur rechnen. Ein bisschen lässt sich durch höhere Verwaltungsgebühren und Planungsreserven ausschöpfen. Der Löwenanteil wird nach den Plänen der Koalition durch Privatisierungen gedeckt werden müssen, die 10 Milliarden einspielen sollen.

Die Ressorts kommen in 2001, falls alles gut läuft, mit insgesamt nur einer Milliarde neue Einsparungen davon, doch schon 2002 könnte es wieder eng werden. Selbst wenn die Steuerreform wirklich die Konjunktur weiter fördert, bringt das noch lange keinen Geldregen. „Der Haushalt 2001 wird eine richtige Klippe für die Koalition werden“, prophezeit Haushaltsexperte Metzger.

Alles, was an neuen Maßnahmen ersonnen wird, muss also über Sparen im eigenen Ressort erwirtschaftet werden. Und da drängen sich den Grünen zufolge ökologisch schädliche Subventionen geradezu auf. Freilich geht das nicht so schnell. Allein 5 Milliarden Mark halten die drei Grünen für kurzfristig mobilisierbar, im Wesentlichen aus der Abschmelzung der Kilometerpauschale von derzeit 70 Pfennig pro Kilometer auf 50 Pfennig pro Kilometer, wie es inzwischen auch die CDU vorschlägt – mittelfristig schwebt den Grünen ein Betrag von 40 Pfennig pro Kilometer vor. Das entspricht einem Vorschlag des Umweltbundesamtes. Das decke immer noch die laufenden Kosten, argumentiert Umweltexperte Loske. Und damit könne auch ein beliebter Steuerbetrug beendet werden: „Mit der Bahn billig fahren, aber das Auto teuer absetzen.“

Fast alle umweltschädlichen Subventionen haben auch harte Lobbys: SPD, Gewerkschaften und Bergbau bei den 8 Milliarden Mark Steinkohlesubventionen oder die Spediteure für die niedrigen Mineralölsteuern auf Diesel.

Wie schwer es auch Rot-Grün fällt, ökologisch schädlichen Subventionen zu vermeiden, zeigt ausgerechnet die Ökosteuer: Auf 4,7 Milliarden beziffert Loske die Einnahmeausfälle aus der Steuer durch unökologisch motivierte Ausnahmen – allen voran die ermäßigten Sätze für die Industrie.

Manchmal mischt sich zum Glück die EU ein. So will die EU-Kommission die Kohlesubvention ab 2002 unter die Lupe nehmen, weil dann eine neue Rechtsgrundlage für solche Beihilfen in Kraft tritt. Das könnte zur Zwangssenkung aus Brüssel führen, prognostiziert Loske nicht ohne Freude – hier zu Lande könnte er das kaum durchsetzen. Und auch mit den umweltschädlichen Ausnahmen von der Ökosteuer könnte die EU schon bald ein Ende machen. Denn die Ausnahmen sind nur bis Frühjahr 2002 genehmigt – dann, so die Signale aus Brüssel, soll es eigentlich nur noch ökologisch motivierte Ausnahmen geben.