„Italien, das ist eine Mentalitätssache“

Luise Müller, Geschäftsführerin von Studien Kontakt Reisen über die Toskana-Fraktion und die Unterschiede des deutschen Urlaubsverhaltens je nach Alter und Region

taz: Sie sind seit 18 Jahren im Italientourismus tätig. Gibt es denn immer noch die Toskana-Fraktion?

Luise Müller: Ja, die Suche nach der wirklichen Toskana ist da. Es sind eben nicht die typischen Touristen.

Was zeichnet denn diese Leute aus?

Sie sind bildungshungrig, wollen entspannt leben, gut essen, gut trinken und sie wollen gutes Ambiente – und sie sind Naturliebhaber.

Und wie ist die Altersstruktur?

Etwa 30 bis 60 Jahre, es kann aber auch hochgehen bis 70, Senioren sind ja heute mit 70 noch jung, kann man sagen.

Jüngere Leute interessieren sich weniger für Ihre Angebote?

Die jungen Leute reisen heute nicht mehr organisiert. Die fahren mit ihrer Clique allein mit dem Zug. Das würde ich auch so machen. Junge Leute müssen frei sein.

Die Leute über dreißig, die mittelalt sind, suchen Kontakte innerhalb eines Kreises, sie führen gerne gute Gespräche, für die sie sonst nie Zeit haben. Es sind meistens sehr gestresste Leute: Berufstätige, also keine Hausfrauen, richtig berufstätige Leute, Frauen, die engagiert sind und sagen, so jetzt lasse ich es mir mal gut gehen.

Dieses Reiseverhalten hat also nichts mit der heutigen Zeit zu tun, sondern mit dem Alter.

Vor zehn Jahren war es genauso. Die Leute gehen, wenn sie älter sind, mehr auf Sicherheit. Die haben nicht die Zeit, sich lang etwas auszusuchen, und auch wenig Urlaub. Der muss dann stimmen. Touren selbst zu planen, ist zu zeitaufwendig. Außerdem haben sie das nötige Geld. Junge Leute haben oft das Geld gar nicht und fahren länger. Früher waren allerdings auch die Jugendreisen organisiert. Die großen Jugendreiseveranstalter mit 50.000 Reisen pro Jahr gibt's heute gar nicht mehr.

Sie haben ja nicht nur Italien im Programm. Kann man denn unterscheiden zwischen dem typischen Italienurlauber und anderen?

Italien, das ist eine Geschmackssache.

Können Sie das näher erläutern?

Die Süddeutschen gehen lieber nach Italien, die Württemberger sind mehr Frankreich-orientiert.

Weil sie näher dran sind?

Das ist auch eine Mentalitätssache. Die Bayern sind ein bisschen lauter, ein bisschen lebenslustiger und essen gern. Es passt halt zusammen.

Und die Norddeutschen?

Die sind mehr Skandinavien-orientiert. Wir merken das an den Buchungszahlen.

Kommen auch Leute aus Ost bzw. Mitteldeutschland nach Italien?

Da kommen auch immer mehr. Dafür sind wir aber zu speziell, weil wir auch Malreisen machen und Wanderreisen. Die Leute aus dem Osten interessieren sich mehr für Rundreisen, weniger für spezielle Regionen.

Das heißt, es gibt immer noch ein Nachholbedürfnis?

Ja, mehr sehen, mehr erleben.

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Interview: Martin Hager