„Und dann ist der Laden wieder dicht“

■ Reformen sind okay – im Prinzip: Zwei HabilitandInnen im taz-Interview über Assistenzprofessuren, befristete Stellen und leistungsgerechte Bezahlung

Wissenschaftlicher Nachwuchs hat einen langen Weg zum Ziel einer Professorenstelle. Und wenn es nach dem Willen einiger Politiker geht, soll die bald auch kein Ruhekissen mehr sein. Was sagen VertreterInnen dieses Nachwuchses dazu? Heike Kahlert (37) ist Soziologin und habilitiert sich an der Hoschule für Wirtschaft und Politik mit Hilfe eines Stipendiums. Martin Klepper (36) habilitiert sich mit einer C1-Stelle an der Universität in Amerikanistik.

taz: Soll der Beamtenstatus für Professoren abgeschafft werden?

Heike Kahlert: Da spricht vieles dafür, es würde das System flexibler machen.

Martin Klepper: Ich habe nichts dagegen. Allerdings muss man schon darauf achten, dass Wissenschaft und Forschung noch attraktiv bleiben.

Wie sieht es mit befristeten Verträgen aus?

Kahlert: Das sehe ich kritisch, weil der Qualifizierungsweg so lang ist. Das würde den Beruf für mich unattraktiver machen.

Klepper: Gibt es doch. Ich hatte eine befristete Stelle für die Promotion, jetzt habe ich wieder eine. Aber nur mit befris-teten Stellen kann man so einen großen Betrieb nicht aufrechterhalten. Es muss doch Kontnuität geben.

Was halten Sie von der Idee der leis-tungsgerechten Bezahlung?

Kahlert: Finde ich gut. Das macht transparent, wer sich wieviel engagiert. Allerdings müsste man auch auf Qualität achten, und ich fürchte, dass das ein so endloses Controlling erfordern würde, dass es gar nicht geht. Wird nur die Quantität honoriert, hätte ich dabei Bauchschmerzen.

Klepper: Gute Idee, aber der Teufel steckt wohl im Detail. Angesichts der heutigen Gehälter von Professoren gehe ich davon aus, dass das den Staat teurer kommen würde – wenn man sich anschaut, was in der Wirtschaft gezahlt wird.

Sollte man die Habilitation abschaffen?

Kahlert: Von der Idee bin ich ein großer Fan. Es dauert einfach zu lange, bis man selbstständig arbeiten kann. Ich wäre für eine Assistenzprofessur auf Zeit, das würde uns auch vor einer Reihe von Professoren schützen, die für den Beruf absolut nicht geeignet sind.

Klepper: Generell ja, das kapiert doch im internationalen Vergleich sowieso keiner. Allerdings ist der ständige Druck zu publizieren, wie ihn die Amerikaner haben, auch nicht viel besser.

Glauben Sie denn an den großen Generationswechsel und daran, dass Sie dann ganz sicher eine Professorenstelle bekommen?

Kahlert: Ich halte das nicht für absolut sicher, denn dazu müssten die inhaltlichen Schwerpunkte der Habilitierten genau auf die freiwerdenden Stellen passen. Das bezweifle ich. In Soziologie werden zwar auch viele Stellen frei, aber etliche davon werden ersatzlos gestrichen. Das ist kein Fach, das derzeit für so wichtig erachtet wird. Außerdem bezweifle ich, dass Frauen von diesem Wechsel profitieren werden. Der Anteil der Professorinnen liegt bei etwa neun Prozent, in der Soziologie bei maximal 15 Prozent. Die Entscheidungspositionen sind eben noch fest in männlicher Hand.

Klepper: Für mich sieht es wohl ganz gut aus. Aber bei den Germanisten gibt es beispielsweise einen so großen Nachfrageüberhang, dass nicht alle eine Stelle bekommen werden. Außerdem rennt man wieder sehenden Auges in die gleiche Katasrophe wie in den 60er Jahren. Es wird eine ganze Generation von Professoren ausgetauscht, und dann ist der Laden wieder für 25 Jahre dicht.

Fragen: Sandra Wilsdorf