Weyrauchs Wissen auf Geheimkonto

■ Auch nach der Erklärung des CDU-Finanzberaters Weyrauchs bleibt vieles so unklar wie zuvor. Zum Beispiel: Wer gab die entscheidenden Weisungen an den angeblich so ehrlichen Mann beim Umschichten von 20 Millionen?

Finanzfachmann Horst Weyrauch hat immer nur weisungsgemäß gehandelt. Bloß: Auf wessen Weisung?

„Wenn die Union gegen mich vorgeht, wird die Republik erschüttert“, soll der CDU-Finanzexperte für Schwarzkonten, Horst Weyrauch, gedroht haben. Der langjährige Wirtschaftsprüfer und Finanzberater der hessischen Christdemokraten und der Bundespartei, der der hessischen CDU am Freitag einen angeblich mehrere tausend Seiten umfassenden Bericht über seine Tätigkeit vorlegte, hatte für den gestriegen Abend eine Erklärung angekündigt, und Deutschland begann zu rätseln. Ist Weyrauch nicht länger bereit, den großen Sündenbock seiner Partei zu spielen? Packt der Mann aus?

Die Erschütterung der Republik blieb aus. Ja, Horst Weyrauch will niemals mit einem politischen Erdbeben gedroht haben: „Richtig ist, dass Horst Weyrauch dem Bundesgeschäftsführer Dr. Hausmann in einem Telefonat seine Einschätzung wiedergab, dass die kommenden Ermittlungen die Republik erschüttern werden“, so Weyrauch gestern in eigener Sache. In seiner Erklärung wies der Finanzexperte sämtliche Vorwürfe gegen ihn zurück, berichtete aber detailliert über das System der hessischen Geldverschiebungen. Es bedürfe keinerlei rechtlicher Mittel, um von ihm Auskunft und Unterlagen zu erhalten, so Weyrauch. Er sei „weiterhin“ bereit, loyal mit der CDU zusammenzuarbeiten und „weiter“ aufzuklären.

Das große Rätsel, woher die Hessen-CDU ihre exorbitanten Einnahmen von 20,8 Millionen Mark erhalten hat, will oder kann auch Weyrauch nicht lüften. „Horst Weyrauch weiß nichts über die Herkunft dieser Mittel; es sind ihm hierzu keine Angaben gemacht worden“, heißt es wörtlich in der Erklärung. Der Bimbes, so viel gibt er zu, stamme von Konten der Frankfurter Metallbank und sei bei der SBG Zürich deponiert worden. Und auch den Grund nennt Weyrauch: „Weil das am 1. Januar 1984 in Kraft getretene neue Parteiengesetz den Parteien umfangreiche Rechenschaftspflichten auferlegte ...“

Die neueste Anschuldigung, wonach Weyrauch im Dezember 1992 rund 900.000 Mark von einem „Geheimkonto“ der hessischen CDU abgehoben und das Geld dann der Bundespartei zur Verfügung gestellt haben soll, weist der Finanzberater zurück: „Das ist nach der sicheren Erinnerung von Horst Weyrauch nicht der Fall.“ Die 900.000 Mark waren von einem Konto der Hessen-CDU verschwunden, später fanden sich exakt 900.000 Mark als Einzahlung bei der Bundes-CDU. Wer was wo eingezahlt bzw. ausgegeben hat, bleibt damit auch nach Weyrauchs Erzählungen im Dunkeln. Die Partei prüft. Der Verwendungsnachweis in Hessen fehlt. Das Geld, so viel ist sicher, wurde von Weyrauch im Dezember 1992 von einem Konto der Metallbank in zwei Tranchen abgehoben. Am 25. Januar 1993 findet sich dann ein Eintrag von 900.000 Mark auf einem wieder von Weyrauch geführten Konto für die Bundes-CDU beim Frankfurter Bankhaus Georg Hauck & Söhne. Weyrauch beschuldigt in seiner Erklärung drei Personen: Ex-Bundesschatzmeister Walther Leisler Kiep, den Ex-Kassenwart der Hessen-CDU, Prinz Wittgenstein, und Manfred Kanther, damals CDU-Generalsekretär in Wiesbaden und später Bundesinnenminister unter Bundeskanzler Kohl. Kiep wirft er seine Aussage vor, es habe erst seit 1992, also nach seiner Zeit als oberster Kassenwart der Christdemokraten, Treuhänderanderkonten gegeben. „Richtig ist, dass Treuhänderanderkonten auch während der gesamten Tätigkeit Kiep als Bundesschatzmeister von Ende 1971 bis Oktober 1992 geführt worden sind“, so Weyrauchs knappe Erklärung.

Gegenüber Kanther und Wittgenstein, später nur noch dem Letzteren, habe er, Weyrauch, mindestens jährlich Rechenschaft über die Schweizer Schwarzgelder abgelegt, bis diese 1993 als Stiftung „Zaunkönig“ in Lichtenstein landeten, gemeinsam geführt von Weyrauch und Wittgenstein.

All sein Wissen hat Weyrauch gestern Abend jedoch bestimmt nicht genannt. Bei den Auszahlungen des Schwarzgeldes an die Hessen-CDU, bekanntlich als Vermächtnisse getarnt, habe er „weisungsgemäß“ gehandelt. Bloß: Auf wessen Weisung? „Teils direkt, teils in bar, teils von den Treuhandanderkonten wurden weisungsgemäß zahlreiche Rechnungen beglichen und sonstige Zahlungen vorgenommen.“ Wieder „weisungsgemäß“. Kamen die Weisungen nur von Kassenwart Prinz Wittgenstein? Oder wer wusste außer ihm und Manfred Kanther noch von den Hessen-Millionen in Lichtenstein? kpk/klh