Gegen Mugabe, Korruption und Kongokrieg

„Reif für den Wandel“: In Simbabwe führt Gewerkschaftsführer Tsvangirai die Opposition in den Wahlkampf gegen den abgewirtschafteten Präsidenten Robert Mugabe

Johannesburg (taz) – Simbabwes neu gegründete oppositionelle Partei „Bewegung für einen demokratischen Wandel“ (MDC) hat am Wochenende den einflussreichen Generalsekretär des Gewerkschaftsverbandes, Morgan Tsvangirai, zu ihrem Präsidenten gewählt und damit den vermutlich spannendsten Wahlkampf des Landes seit der Unabhängigkeit eingeleitet. Zwar steht noch kein genauer Wahltermin fest; nach der derzeit geltenden Verfassung müssen die nächsten Parlamentswahlen aber im März abgehalten werden. Mit der im vergangenen Jahr offiziell als Partei gegründeten MDC droht Simbabwes langjährigem Präsidenten Robert Mugabe und der regierenden ehemaligen Befreiungsbewegung Zanu-PF erstmals eine ernsthafte Herausforderung.

„Unser Ziel ist kein Geringeres, als die Wahl zu gewinnen“, erklärte der 48-jährige neue Parteichef am Sonntag selbstbewusst vor 6.000 Anhängern in der Nähe der Hauptstadt Harare. In dem Dorf Chitungwiza war Tsvangirai am gleichen Tag zum Präsidenten des breiten Bündnisses von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen gewählt worden. Noch wenige Monate zuvor hatte der populäre Gewerkschafter stets – wenig glaubhaft – dementiert, politische Ambitionen zu haben. Doch schon bei den ersten Treffen des damals noch eher losen Bündnisses war klar, dass Simbabwes traditionell schwache Opposition ohne eine starke Führungsfigur weiterhin zerstritten und chancenlos bleiben würde. Außer Tsvangirai, der Mugabe mit mehreren erfolgreichen Generalstreiks bereits gezeigt hat, wozu er im Zweifelsfalle fähig ist, kam schon damals niemand in Frage für diesen Posten.

Wenn Tsvangirai jetzt kämpferisch erklärt, jeder Teil von Simbabwe sei reif für einen Wandel, trifft er mit Sicherheit die Stimmungslage eines Großteils der Bevölkerung. Mugabe und die Staatspartei Zanu-PF, die 147 von 150 Parlamentssitzen inne hat, haben es geschafft, das Land in die tiefste ökonomische Krise seit der Unabhängigkeit zu befördern. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 50 Prozent, die Inflation bei 70 Prozent, und die Bevölkerung ächzt unter immer höheren Steuern und Abgaben. Seitdem die staatliche Mineralölgesellschaft ihre Kredite bei westlichen Ölgesellschaften nicht mehr bedienen kann, wird auch das Benzin knapp.

Gleichzeitig aber hat Mugabe noch immer mehr als 10.000 Soldaten in der Demokratischen Republik Kongo stationiert, um Laurent Kabila im Kampf gegen die Rebellen zu helfen – ein Einsatz, der mit geschäftlichen Vergünstigungen und Förderkonzessionen für die riesigen Bodenschätze im Kongo entlohnt wird. Bisher hat der Präsident sein nach der Unterzeichnung des Lusaka-Friedensvertrages im vergangenen Jahr gegebenes Versprechen nicht wahr gemacht, die Soldaten zurückzuholen. Stattdessen ging er jüngst erneut bei einem Freund weiter nördlich betteln, um wenigstens deren Sold bezahlen zu können: 100 Millionen US-Dollar bewilligte Libyens Staatschef Muamar Ghaddafi Mugabe bei einem privaten Besuch und verpflichtete ihn zugleich, künftig bei ihm Erdöl zu kaufen. Tsvangirai ist ein erbitterter Gegner des Kongo-Krieges und versprach am Wochenende, ihn nach einem möglichen Wahlsieg sofort zu beenden.

Fraglich ist aber, ob es der MDC gelingen wird, die Unzufriedenheit der Bevölkerung tatsächlich in Wählerstimmen umzuwandeln. MDC-Aktivisten gestehen ein, dass es angesichts der Dominanz der Regierungspartei schwer sein wird, die Wähler zu mobilisieren. Auch Wahlbetrug seitens der Zanu-PF wird nicht ausgeschlossen. „Wer den friedlichen Wandel nicht zulässt, macht Gewalt unumgänglich“, warnte Tsvangirai bei dem Treffen seiner Partei. Staatschef Mugabe sagte seinerseits am Sonntag, die MDC sei eine „Marionette des Westens“. Kordula Doerfler