IRA und Unionisten können sich in Nordirland nicht einigen
: Der symbolische Kampf

Die nordirische Regionalregierung soll nur zwei Monate nach ihrem Amtsantritt suspendiert werden, die britische Regierung will wieder die Direktherrschaft über ihre Krisenprovinz übernehmen. Der Friedensprozess steckt in der Krise, doch diese Malaise brach nicht unerwartet über die Beteiligten herein, auch hätte sie abgewendet werden können.

Für die IRA und ihren politischen Flügel Sinn Féin, aber auch für die Unionisten ging es bei den Friedensverhandlungen von Anfang an immer darum, die notwendigen Kompromisse als Sieg zu verkaufen, um die Hardliner in den eigenen Reihen zu besänftigen. Der wichtigste Faktor war dabei die Zeit, die es erlaubte, Entscheidungen immer wieder zu vertagen. Doch am 22. Mai ist die Frist um, die im Belfaster Abkommen vom Karfreitag 1998 für die Umsetzung der Vertragspunkte eingeräumt wurde.

Zusätzlich und über das Abkommen hinaus hatte sich Sinn Féin dann hinter verschlossenen Türen mit den Unionisten geeinigt, dass die IRA bis Ende Januar mit der Abrüstung beginnen und ihre Waffen abliefern solle. Im Gegenzug sagten die Unionisten zu, diese Übereinkunft nicht öffentlich zu machen, damit die IRA die Waffenabgabe als freiwilligen Akt verkaufen könne. Doch Unionistenchef David Trimble hat diesen Plan durchkreuzt, als er dann öffentlich den 12. Februar als Frist für den Abrüstungsbeginn setzte.

Die Abgabe der Waffen ist ein symbolischer Akt von hohem Stellenwert für beide Seiten. Eine objektive Bedeutung hat sie indes nicht, denn IRA und Unionisten wissen, dass es eine Rückkehr zum bewaffneten Kampf nicht geben wird. Die Unterstützung weiter Teile der Bevölkerung – die Voraussetzung für die IRA-Kampagne in den vergangenen 30 Jahren – ist nicht mehr vorhanden. Trotzdem wird eine Abgabe der Waffen, und sei es auch nur von einem Teil des Arsenals, von vielen in der IRA als Eingeständnis einer Niederlage gesehen. So sehen es auch viele Unionisten. Deshalb bestehen sie ja darauf.

Der Sinn-Féin-Vorsitzende Mitchell McLoughlin warnte vorgestern, dass man die Spaltung der IRA riskiere, erzwinge man die Herausgabe der Waffen. Diese Spaltung war ab dem Moment, als Sinn Féin das Belfaster Abkommen unterzeichnete, allerdings vorprogrammiert und hat längst begonnen. Doch war diese Entwicklung unausweichlich, denn ein bewaffneter Kampf ist ohne die Unterstützung der Bevölkerung nicht mehr zu führen. Ralf Sotscheck