Asylbewerber fliehen

Ausländer in Rathenow bitten aus Angst um Verlegung in anderes Bundesland

Potsdam (dpa/taz) – Aus Angst vor Übergriffen aus der Bevölkerung haben die Bewohner eines Asylbewerberheimes in Rathenow (Kreis Havelland in Brandenburg) die Unterbringung in einem anderen Bundesland verlangt. Dies hätten die Ausländer in einem Brief an die örtliche Polizeiwache mitgeteilt, berichtete die Polizei am Freitag in Oranienburg.

Den Angaben zufolge gab es bereits drei Angriffe gegen Ausländer in Rathenow. Deshalb fühlten sich die Bewohner des Asylbewerberheimes in Brandenburg nicht mehr sicher. Das Sozialministerium bestätigte entsprechende Probleme in der Stadt. Auch ein Sprecher der Amtsverwaltung räumte am Freitag ein, dass Rathenow in puncto Ausländerfeindlichkeit derzeit „ein heißes Pflaster“ sei.

Brandenburgs Ausländerbeauftragte Almuth Berger zeigte sich schockiert von dem Hintergrund der Bitte. „Mir ist die genaue Situation vor Ort noch nicht bekannt, aber ich werde mich dafür einsetzen, dass eine Lösung im Sinne der Asylbewerber gefunden wird“, sagte Berger. Es sei sehr traurig, dass sich die Asylbewerber offenbar ungenügend geschützt fühlten. Grundsätzlich sei jeder ausländerfeindliche Übergriff „schlimm für das Land“.

Dem Bürgermeister von Rathenow, Hans-Jürgen Lünser (parteilos), war zunächst von dem Brief der Asylbewerber nichts bekannt. „Wir wissen aber, dass die Stadt derzeit ein heißes Pflaster ist, was Ausländer angeht“, sagte der Sprecher der Amtsverwaltung, Rolf Giese. Ein Sprecher des Sozialministeriums in Potsdam erklärte: „Rathenow gehört zu den Schwerpunkten bei Übergriffen auf Asylbewerber und Krawallen.“ Laut Ministerium gibt es in der Stadt zwei Heime, in denen Ende des Vorjahres 156 beziehungsweise 87 Asylbewerber untergebracht waren. Hinzu kämen 43 Asylbewerber, die in speziellen Wohnungen leben.

In den vergangenen Jahren haben brutale Übergriffe auf Asylbewerber in Brandenburg immer wieder für traurige Schlagzeilen gesorgt. Einer der spektakulärsten Fälle war die tödliche Hetzjagd auf den 28 Jahre alten algerischen Asylbewerber Farid Guendoul alias Omar Ben Noui in Guben im Februar 1999.