Vom Südpol zum Nordpol

■ Fiktive Reportage aus authentischem Material: Das B-Movie zeigt heute Peter Delpeuts Abenteuerfilm „Die verbotene Suche“

Wenn jemand von sich behauptet, „auf der anderen Seite“ gewesen zu sein, gibt es nur zwei Möglichkeiten: abwinken oder zuhören. J. C. Sullivan ist so einer, der von sich sagt, Dinge gesehen zu haben, die das Diesseits sprengen. Und die bedeutungsvollen Augen des betagten Herrn scheinen nur eines zu sagen: Setz dich hin, und hör zu! Joseph O'Connor spielt in Peter Delpeuts Doku-Fiction Die verbotene Suche (1993) den alten irischen Schiffszimmerer Sullivan, der zu Beginn des 20. Jahrhunderts an einer geheimnisvollen Schiffsexpedition zum Südpol teilgenommen hat. Der weißhaarige Greis erzählt Abenteuerliches, und nur er kann davon berichten, denn Sullivan ist als Einziger aus dem ewigen Eis zurückgekehrt – mit Filmaufnahmen im Gepäck.

Ohne das genaue Ziel und den Zweck der Reise zu kennen, heuert der junge Handwerker 1905 auf dem Dreimaster „Hollandia“ an. Schlittenhunde, allerlei wissenschaftliche Utensilien und ein straighter Südkurs lassen erahnen, dass es sich hierbei nicht um eine herkömmliche Forschungsreise handelt. Gesprochen wird wenig auf der „Hollandia“, alles riecht verdächtig nach einer Mission mit höherer Bedeutung. Nur langsam sickert durch, dass das Ziel der Fahrt ein mysteriöser Durchgang, eine Passage ist, die Nord- und Südpol miteinander verbindet.

Entsprechend den Abenteuerromanen vom Ende des 19. Jahrhunderts hat Delpeut seine 75-minütige Reportage angelegt – Jules Verne lässt grüßen! Der niederländische Filmemacher hat in heimatlichen Archiven Aufnahmen der historischen Amundsen-, Scott- und Shakleton-Expeditionen zusammengesucht und sie entlang der fiktiven Geschichte von der interarktischen Passage extrem spannend umgebettet.

Dem einfachen und gottesfürchtigen Sullivan gleicht der bissige Eifer der Pol-Erkunder von Anfang an einem Affront gegen die Ordnung Gottes. Fürwahr: Als ein Teil der Mannschaft sich ihrem Ziel nahe wähnt, zeigen die rudimentären und klug nachkolorierten Filmaufnahmen ein Reich ohne Namen, einen Ort, der Seelen verschluckt. In Die verbotene Suche ist die Antarktis ein eisiger Fluch. Oliver Rohlf

heute, 20.30 Uhr, B-Movie, Brigittenstraße 5