Nach Lüge: Strieder droht ein Ermittlungsverfahren

■ Nachdem er es zunächst abgestritten hatte, gab Bausenator Peter Strieder (SPD) zu, einen Computer als Präsent bekommen zu haben

Auf Supersenator Peter Strieder (SPD) kommt möglicherweise ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Vorteilsannahme zu. Strieder hatte auf einem Pressefest des Magazins Focus im vergangenen September einen Minicomputer im Wert von 900 Mark als Begrüßungsgeschenk in Empfang genommen.

Strieder hatte die Annahme des Geschenks zunächst abgestritten. Er sei auf dem Fest „früher gegangen“ und habe „keine Präsenttüte in Empfang genommen“, sagte der Senator am Mittwoch voriger Woche dem Tagesspiegel. Einen Tag später räumte sein Büroleiter Philipp Mühlberg die Annahme des Präsents zwar ein, behauptete aber nach Darstellung der Berliner Zeitung, das Gerät sei zugunsten einer gemeinnützigen Organisation verkauft worden. Erst auf eine dritte Nachfrage räumte Strieder ein: „Das Ding liegt noch in meinem Schrank.“ Er habe gelogen, weil er über den Journalistenanruf während seines Winterurlaubs im bayerischen Garmisch „stinksauer“ gewesen sei.

Der „Palm V Organizer“, den die Firma 3com auf dem Pressefest offenbar in größerer Stückzahl verschenkte, hat inzwischen das Interesse der Staatsanwälte geweckt. Sie ermitteln wegen Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung. Denn bei dem Pressefest feierte nicht die Presse unter sich, sondern mit Prominenz aus Gesellschaft und Politik aus Land und Bund. Und etliche Staatsdiener, so vermutet die Staatsanwaltschaft, nahmen die Geschenktüte gerne in Empfang. Staatsbediensteten ist es jedoch nicht erlaubt, größere Geschenke anzunehmen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt gegen Angestellte des Bundeskanzleramts und des Bundespresseamts sowie gegen die Veranstalter.

Die Sprecherin der Berliner Staatsanwaltschaft, Michaela Blume, betonte gestern, dass der Umfang der Ermittlungen noch nicht absehbar sei. Es werde nicht nur gegen Bundesbedienstete ermittelt, sondern überprüft, wer noch betroffen sei. In Bezug auf Strieder sagte Blume: „In diesem gesamten Komplex wird alles überprüft.“

Im Land Berlin regelt eine Ausführungsvorschrift des Innensenators aus dem Jahr 1990, dass Beamte keine Geschenke im Wert von mehr als 50 Mark annehmen dürfen. Das gelte auch für Senatoren, sagte gestern ein Sprecher der Innenverwaltung. Allerdings gebe es keine Möglichkeit, gegen Regierungsmitglieder disziplinarrechtlich vorzugehen. Ein Senator könne daher nur strafrechtlich belangt oder politisch zur Verantwortung gezogen werden – mit einem Misstrauensantrag im Abgeordnetenhaus. Barbara Junge,
Ralph Bollmann