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„Kinder sind keine Ware“

■ Demonstration gegen Abschaffung der „vollen Halbtagsschulen“ wird von Kitas unterstützt / Hortnerinnen sehen ihre Arbeit entwertet – so etwa in der Curiestraße

Wenn heute um 16 Uhr die Eltern der Hort- und Grundschul-Kinder auf dem Marktplatz gegen die Abschaffung der „vollen Halbtagsschulen“ demonstrieren, dann sind auch viele Kinder aus der Kita Curiestraße in Horn dabei. Ein metergroßes Transparent „Stoppt die kinderfeindliche Politik im Land Bremen“ haben die Vierjährigen schon am Montag mit feurig roter Farbe und viel Geduld ausgemalt. Die Kita mitten in einer großen Gewoba-Siedlung am Lehester Deich hat sich auch in den vergangenen Wochen im Stadtteil mit ihrem Protest bemerkbar gemacht. „Wer Kindertagesheime rein betriebswirtschaftlich begreift, verwechselt Kinder mit einer Ware“, haben die Elternvertreter auf ein Flugblatt geschrieben. Vier Kita- und drei Hort-Gruppen beherbergt das Kindertagesheim, es liegt auf einem großen Freigelände mitten im Oberneulander Grün. Nach den Berechnungen der Wibera-Gutachter ist da also viel zu viel Spielplatz-Fläche, ein Teil des Grundstückes könnte verkauft und bebaut werden. „Unsere wilden Hortkinder werden schon dafür sorgen, dass kein Häuslebauer sich für das Gelände interessiert“, drohen die Erzieherinnen.

Der Hort hat – bisher – den ganzen Tag geöffnet, „wir haben uns als Einrichtung für den Stadtteil gesehen“, sagt die Erzieherin Alex Nolte. Ein pädagogisches Konzept, das erstellt wurde, ist reif für den Papierkorb: Mit der „verlässlichen Grundschule“ wird es den Hort in seiner bisherigen Form nicht mehr geben. Mehr als die Hälfte der Personalkapazität für den Hort wird im kommenden Kita-Jahr gestrichen. Und wenn die Kinder um 13 Uhr in den Hort kommen und dort bis 14 Uhr Mittag essen. Dann bleiben gerade zwei Stunden für die Hortarbeit – die Erzieherinnen, die bisher zu den meisten „ihrer“ Kinder eine persönlichen Bindung aufbauen konnten und „ein Stück zu Hause“ bieten wollten in dieser zunehmend „multikulturellen Gesellschaft“ der Kita, verstehen diese Art der Einführung der verlässlichen Grundschule als Abwertung ihrer eigenen Arbeit.

Die kostenfreie „verlässliche Grundschule“ wird zudem dazu führen, dass die Eltern, die richtig Geld bezahlen müssen für die Hort-Betreuung, sich das demnächst dreimal überlegen. Der Anteil der Kinder, für die nur der Grundbetrag bezahlt werden muss, weil die Eltern Sozialhilfeempfänger oder Geringverdiener sind, wird weiter steigen.

„Die Ideee der verlässlichen Grundschule ist nicht schlecht“, sagen die Kita-Erzieher, aber sie kritisieren das unklare Verhältnis zur Hort-Betreuung. Welche Rolle sie bei der Betreuung in der verlässlichen Grundschule in der Curiestraße spielen könnten, ist derzeit auch noch völlig unklar.

K.W.

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