Dröhnende Drohgebärden

■ Metal-Invasion: Headbanging mit Overkill und Annihilator sowie Schwelgen mit The Gathering und My Dying Bride

Manchmal knallen selbst bei Metallern die Sicherungen durch, und es regiert die blanke Körperkraft. So geschehen Ende letzten Monats beim Konzert der US-Metal-Legende Riot, als ein rebellischer Besucher den Sänger der Band in der Markthalle mit gebrauchten Ohrenstöpseln bewarf und auch verbal ganz gut hinlangte. Zwar wurde der Unhold umgehend an die frische Luft gesetzt, doch für den traktierten Mikro-Helden fing der Abend danach erst richtig an. Die Show knapp vorbei, gingen Opfer und Täter auf ein paar Faustschläge vor die Tür. Für den Watte-Werfer endete der Abend mit Prellungen der schmerzhaften Art, der Riot-Rocker ging für eine Nacht in den Bau.

Ein Ausnahmefall, denn üblicherweise verstehen Bands wie Fans die Kombi von Gewalt und Metal als bilderstürmerische Drohgebärde; so richtig auf den Kopf gibt es selten. Auch die zahlreichen Bands, die in den kommenden Tagen in der Markthalle herumlärmen, kennen das alte Genre-Motto von „Violence & Force“ nur vom Herumkrakelen. Am Sonntag spielen mit Overkill und Annihilator zwei saurierähnliche Stehaufmännchen aus Amerika. Beides Gruppen, die szene-intern als solides Mittelmaß geführt werden. Und das schon seit über zehn Jahren. Ihre Rock-Rezeptur aus Speed, Thrash und 08/15-Metal ist nichts für Entdecker, sondern lädt den gestandenen Fan zum gemütlichen Headbanging ein. Wermutstropfen: die angekündigte Old School-Death-Metal-Truppe Dismember sind doch nicht mit auf Tour. Als Ersatz machen die ewigen Thrash-Talente von Dew-Scented aus Niedersachsen das, was sie am besten können: den Abend eröffnen.

Absage Nummer zwei ereilte die Fans der schwedischen Opulenz-Deather Opeth. Die hätten eigentlich die Anhänger von The Gathering und My Dying Bride in Stimmung bringen sollen. Nun müssen die beiden derzeit größten europäischen Schwelg-Metal-Bands am kommenden Donnerstag ihre ellenlangen Elegien rund um die Schönheit und den Schmerz allein schmettern. Ist ja fast schon eine Seltenheit, bloß zwei und nicht drei bis acht Bands an einem Abend.

Kleine Anekdote noch zum Schluss: Wer sich einmal wundern sollte, warum der Schriftzug von My Dying Bride so krumm und schief aussieht: Sänger Aaron hat das Logo selbst mit seinem linken Fuß gemalt. Nach Daniel Day Lewis also der zweite Mauken-Maestro der Popgeschichte.

Oliver Rohlf

Overkill + Annihilator + Dew- Scented: So, 13. Februar The Gathering + My Dying Bride: Do, 17. Februar, jeweils 21 Uhr, Markthalle