Siemens pflegte die politische Landschaft

Die PDS will untersuchen lassen, ob die Parteispenden des Konzerns den Bau der Chipfabrik bei Dresden erleichterten

Berlin (taz) – Der Münchener Elektromulti Siemens soll der CDU Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre mehrere Millionen Mark in bar überreicht haben. Das jedenfalls sagt der ehemalige Generalbevollmächtigte der CDU, Uwe Lüthje, der persönlich eine Million in Empfang genommen haben will. Weitere fünf bis sechs Millionen soll der ehemalige CDU-Bundesschatzmeister Walther Leisler-Kiep bekommen haben, der bereits Anfang der 80er-Jahre in den Flick-Parteispendenskanal verwickelt war. Offiziell räumt Siemens derzeit lediglich ein, von 1990 bis heute politischen Parteien 200.000 bis 300.000 Mark gespendet zu haben.

Es ist zu vermuten, dass der Siemens-Konzern seine Spenden, in welcher Höhe auch immer, an die ehemalige Regierungspartei als politische Landschaftspflege eingesetzt hat. Der Großkonzern mit seinen rund 16 Geschäftsbereichen hat viele Interessen, bei denen die Politik etwas nachhelfen kann. Als traditioneller Hoflieferant des Staates ist Siemens wie kaum ein zweiter Konzern abhängig von öffentlichen Aufträgen. Und gerade in den Jahren nach dem Zusammenbruch der DDR 1989 standen unzählige Investitionsentscheidungen des Staates an, bei denen Siemens zum Zug kommen wollte.

Die sächsische PDS-Fraktion möchte jetzt beispielsweise im Rahmen eines Untersuchungsausschusses des Landtags prüfen lassen, ob Siemens-Spenden in Zusammenhang mit dem Bau der Siemens-Chipfabrik in der Dresdner Heide stand. Siemens habe damals eine Bevorzugung durch den Freistaat erhalten, die weit über gewöhnliche Maßstäbe hinausging. Der Konzern erhielt damals Subventionen in dreistelliger Millionenhöhe.

Siemens war Anfang der 90er-Jahre auch bei seinen Atomgeschäften auf politische Unterstützung aus Bonn angewiesen. Beispielsweise wurde jahrelang mit Unterstützung der Bundesregierung über den Fertigbau des Atomkraftwerks Mochovce in der Slowakei verhandelt, bis Siemens schließlich 1996 einen Kredit der deutschen Staatsbank KfW und zudem eine Hermes-Bürgschaft vom Bund erhielt.

Im so genannten Münchener Schmiergeldprozess wurden Anfang der 90er-Jahre Siemens-Manager zu 1,5 Millionen Mark Strafe verurteilt, weil für den Auftrag für eine Kläranlage Schmiergelder geflossen waren. Auch bei anderen Großprojekten in und um München sollen Schmiergelder von Siemens nachgeholfen haben. Singapur beschloss 1996, fünf Jahre lang keine Aufträge an Siemens zu vergeben, weil die staatlichen Versorgungsbetriebe geschmiert worden sein sollen.

Möglicherweise erfährt die Öffentlichkeit nie, ob die Siemens-Spenden in einem konkreten Zusammenhang mit einzelnen Projekten standen. Legale und illegale Parteispenden sind ohnehin nur ein Baustein, mit dem Großkonzerne Einfluss auf Entscheidungen nehmen. Peter Behrens