„I was also a sheriff“

■ Das Öko-Dorf an der Lesum hat gestern als Symbol der Spießigkeit einen Maschendrahtzaun gepflanzt / Ab Ende des Monats droht den Siedlern die Räumung

„I'm a lonesome rider, I'm a real tough guy. I tell you livin' ain't easy but every day I try. I've seen a million places. Baby, I get around with a sixpack of beer and a Maschendrahtzaun.“

Der Entertainer Stefan Raab war geladen, gestern, auf das Gelände der Öko-Siedler an der Lesum. Die Bremer Grünen hatten angefragt, doch leider wollte der Prommi nicht: Angst vor politsicher Vereinnahmung. Raabs Stimme klang also nur aus der Retorte und hing über der Bauwagen-Siedlung, die von den rund 30 Anwohnern bis Ende des Monats geräumt werden soll – so will es Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU).

„All the ladies wanna have me, I'm a handsome boy. And all the boys want men too, and especially Siegfried and Roy. I'm a sex machine, baby, I had more girls than James Brown and I fucked them all on the Maschendrahtzaun.“

Der Maschendrahtzaun. Jetzt haben auch die Ökosiedler einen, gestern eingepflockt und eingeweiht, bei Sekt und Kuchen und unter reger Beteiligung der Bremer Grünen-Prominenz. Seit dem Medien-Hype der Privatsender gilt ein Nachbarschaftsstreit im Vogtland als das Symbol für Spießigkeit: Regina Zindlers Nachbar pflanzte unverschämterweise einen Knallerbsenstrauch an den grundstückstrennenden Zaun, der das Drahtgebilde zu schädigen begann. Die Medien hypten die bunte Geschichte bis ins Unerträgliche, Raab spielte seinen Kult-Song ein.

„But now the time has gone by and something happened to me. I'm only half the man I used to be. I was the sexiest man in the whole big town before I ripped my balls on the Maschendrahtzaun.“

Der Leesumer Maschendrahtzaun wird vermutlich zu einem Hühnerstall umfunktionalisiert, sobald die Presse wieder abgezogen ist, deutet Klaus Möhle vom Verein Grüner Weidedamm an. „Wir werden hierbleiben, darauf könnt ihr euch verlassen“ ruft er der Festgemeinde zu, die im schönsten Sonnenlicht plaudert. Seit 1994 haben es sich die Bewohner hier heimisch gemacht, Gärten angelegt und unzählige Bewohner-Plena abgehalten. Doch die Verhandlungen um eine Vertragsverlängerung für das Gelände stocken.

„I was also a sheriff. I was fighting for right. I was protecting law and order ervery day, every night. I was a hunting man with a big, fat Bauch and I caught him in the back of a Knallerbsenstrauch.“

So drohen die Weidedammbewohner wieder zu illegalen Besetzern zu werden. Gründe gibt es keine, warum der Pachtvertrag für das Gelände nicht verlängert werden kann. Keine Baupläne. Kein Stress mit den Nachbarn. Nicht mal der benachbarte Golfplatz-Betreiber meckert. Doch die Ökos, Müslis, Freaks, Grüne, lila Tücher, kurz: Das ganze linke Geschmodder passt nicht ins Weltbild der Großen Koalition.

„Maschendrahtzaun makes me feel all right. And if I ever be king, and I get a crown, then it would surely be made of Maschendrahtzaun.“

Der König der Stadt Henning hat zwar noch keine Krone aus Zaun, dafür isst er gerne kleine Fische. Andere Könige wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff vermissen schmerzlich die harte Linie des letzten Innensenators, der immer ein paar Stimmen am rechten Rand einsammelte. Das Ökodorf an der Lesum ist ein Symbol. Nichts weiter. „Bremen muss Platz haben für Menschen, die nichts mit Sofakissen und Häkelkultur zu tun haben“, spricht auch die Grüne Fraktionssprecherin Karoline Linnert. Es müsse auch in Zukunft Menschen geben dürfen, die unbequem denken. Für diese Hoffnung stehe die Siedlung.

„But now the story is over, I had a good, good life. I still got my horse, my boots and my knife. I did a lot of traveling, but now I sattle down at the Knallerbsenstrauch on the Maschendrahtzaun. cd