Unglücksspielchen mit System

Zeichen und Beziehungswunden: Der Wettbewerbsfilm „Signs and Wonders“ hofft auf den Wunderglauben beim Zuschauer und hat immerhin Charlotte Rampling, die den Plot vergessen lässt ■ Von Brigitte Werneburg

Wenn man nie aus dem Tritt kommt und immer die dritte Platte des Gehwegs trifft, dann wird alles gut. Wer kennt dieses Spielchen nicht? Vor allem als Kind hat man es gespielt. Dann wurde man nicht beim Lügen erwischt. Ein Spielchen, das jetzt auch einige erwachsene CDU-Politiker zu spielen scheinen. Es bewahrheitet sich übrigens nie.

Auch Alec Fenton (Stellan Skarsgård), ein amerikanischer Geschäftsmann, der mit seiner Familie in Athen lebt, spielt ständig ähnliche Spielchen. Zunächst scheint es sich nur um einen Spaß zwischen ihm und seiner elf Jahre alten Tochter Siri zu handeln. Beiden gefallen die Kanaldeckel, auf denen sich die Buchstaben EYY mit einem stilisierten Auge abwechseln. In ihnen lesen sie die gute Omen zuhauf.

Doch wie gesagt, sie bewahrheiten sich nie. Und so sehen sie ganz verschiedene Zeichen, nachdem Alec seiner Frau Marjorie (Charlotte Rampling) einen Seitensprung beichtete. Trotz der Versöhnung mit Marjorie trennt sich Alec von seiner Familie. Wieder gab es ein Zeichen, das er als Wink des Schicksals sah. Doch dann gesteht ihm Katherine, dass sie ihn damit bewusst manipulierte. Alec will zu seiner Familie zurück, doch Marjorie möchte einen anderen Mann heiraten.

Kinder, deren Sache das Spiel mit den Zeichen und Wundern wirklich ist, wissen natürlich noch besser als jede Geliebte, dass sie sich arrangieren lassen und dass man nicht sofort klein beigibt, wenn man mal danebentritt. Genauso handelt nun Siri, mit tödlichen Folgen. Allerdings, wenn sie ihrem Vater den Schlüssel zum Apartment des neuen Freundes der Mutter unterschiebt, just nachdem dieses Apartment einem Sprengstoffanschlag zum Opfer fiel – soll sie ihn ausgeführt haben? Oder wie kann Siri davon wissen? Handelt es sich nur um das unglückliche Zusammentreffen zweier völlig unverbunderer Ereignisse? Doch wie erklären wir uns die Sache dann?

Es scheint, dass auch der amerikanische Regisseur und Autor Jonathan Nossiter auf einigen Wunderglauben beim Zuschauer hofft, auf sein Fasziniertsein durch die Zeichen, in deren Bildern Lüge oder Plausibilität, gar Wahrheit eh eins sind. Nossiters Kalkül geht freilich nicht ganz auf. Auch wenn seine Kamera Athen in den merkwürdig fahlen, kalten Farben der Sechzigerjahre zeigt, als eine Art verhexte römische Vorstadt à la Michelangelo Antonioni.

Seiner Hauptdarstellerin Charlotte Rampling allerdings kommt das Ambiente entgegen. Sie, die 1965 ihren erste Filmrolle spielte, ist wirklich Zeichen und Wunder zugleich. Zeichen einer Ära, als ein reduziertes Buch, ein simples Eheproblem tatsächlich noch zu Filmen von einiger cineastischer und moralischer Wucht führten. Und ein Wunder ist sie als Schauspielerin, die uns glücklicherweise den verschwiemelten Plot vergessen und einfach schauen lässt.

„Signs and Wonders“. Regie: Jonathan Nossiter. Mit: Charlotte Rampling, Stellan Skarsgård. Heute, 12. 2., 18.30 Uhr, Royal Palast, 22.30 Uhr, International