Dänische Regierung macht die Grenzen dicht

Aus Angst vor einem weiteren Erstarken der rechtspopulistischen „Dänischen Volkspartei“ verschärftdie sozialdemokratische Regierung Dänemarks erneut die Ausländergesetze ■ Von Reinhard Wolff

Stockholm (taz) – „Bessere Integration“ steht über einem Gesetzentwurf, den die dänische Regierung am Donnerstag dem Parlament vorgelegt hat. Nicht weniger als 78 Punkte umfasst der „Integrationsplan“ und die meisten wirken isoliert betrachtet tatsächlich wie hervorragende Angebote.

Doch das ganze Paket steht unter zwei Leitlinien: In den Genuss der Wohltaten soll nur kommen, wer die nötige „Integrationsbereitschaft“ zeigt: „Es wird erwartet, dass sie die dänische Sprache lernen und sich insgesamt den dänischen Gesellschaftsverhältnissen anpassen.“

Nicht nur Kriminalität, mangelnde Ausbildungs- oder Arbeitsbereitschaft, die Weigerung von der Kommune zugewiesenen Wohnraum zu beziehen oder die Kinder in dänischsprachige Kindergärten zu schicken, sondern selbst der Versuch, kulturelle Traditionen weiterzuleben, die der dänischen Gesellschaft „fremd“ sind, zeigen, „dass die Erwartungen an die neuen Mitbürger von diesen nicht erfüllt werden“.

Und das hat Folgen: „Bemühen wird belohnt. Umgekehrt wird fehlendes Bemühen Konsequenzen haben.“ Vor die Tür der dänischen Gesellschaft wird nicht nur gesetzt, „dessen Ressourcen diese nicht ordentlich ausnutzen kann“.

Von vornherein nicht mehr hereingelassen werden eigentlich alle, die nicht unter den verschärften Asylbegriff fallen. Denn die zweite Leitlinie des „Integrationsplans“ will massiv den Nachzug zu bereits im Lande befindlichen AusländerInnen stoppen: Neue Mindestvoraussetzungen etwa für den Nachzug des Ehepartners sind Wohnung und sicheres Einkommen, eine Altersgrenze von mindestens 21 Jahren und die Forderung nach einem „Beweis“, dass die Ehe keine Scheinehe und freiwillig zustande gekommen ist.

Der „Integrationsplan“ erweist sich unter dem Strich damit als erneute kräftige Verschärfung des Ausländerrechts. So muss sich der sozialdemokratische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen vorwerfen lassen, „dass seine Regierung eine Ausländerpolitik umsetzt, die Jörg Haider nur im Parteiprogramm stehen hat“ – so die schwedische Tageszeitung Göteborgs-Posten.

Dabei liegt der Anteil von AusländerInnen an der dänischen Bevölkerung bei im EU-Vergleich niedrigen 5,6 Prozent. Die Nettoeinwanderung ist von 1998 zu 1999 um 19 Prozent gesunken und liegt nun auf dem niedrigsten Niveau seit 1990.

So hat der vermeintliche Handlungsbedarf der Regierung Rasmussen einen ganz anderen Grund: Pia Kjaersgaard. Sie und ihre fremdenfeindliche „Dänische Volkspartei“ sind seit Herbst vergangenen Jahres in den Meinungsumfragen steil nach oben gerückt. Mit 18 Prozent ist sie derzeit drittstärkste Partei. Die Zahlen für Rasmussens Sozialdemokraten gingen gleichzeitig von 35,9 Prozent bei den Wahlen im März 1998 auf ganze 22 Prozent zurück. Pia Kjaersgaards Erfolg besteht nicht nur darin, die offenbar latent vorhandene Fremdenfurcht auszunutzen, sie präsentiert sich und ihre Partei gleichzeitig als „Kraft von unten“ gegen die „politische Elite dort oben“. Sie nutzt die EU-Skepsis ebenso erfolgreich wie die Globalisierungsangst und die für viele unverständliche Entwicklung der Informationstechnologie. Ihr Motto: Zurück zum „guten alten Dänemark“.

Anstatt sich von derart Nostalgie klar zu distanzieren, schwimmen Sozialdemokraten und bürgerliche Parteien auf dieser Welle mit – und damit auch auf den fremdenfeindlichen Strömungen.

Ganz neue Fronten haben sich gefunden, hiervon kräftig Abstand zu nehmen. Die beiden kleinen Linksparteien, die Ex-Kommunisten und die Linkssozialisten, sehen sich plötzlich in Allianz mit der Wirtschaft: Ein „völliger Unsinn“ seien die Einwanderungsschranken, donnerte Hans Skov Christensen, Direktor des dänischen Industrieverbands kürzlich: Dänemark brauche mehr Einwanderer, um seinen ökonomischen und gesellschaftlichen Standard zu halten, man solle die Grenzen öffnen, statt sie dicht zu machen.

Doch so lange man mit solcher Ansicht scheinbar keine WählerInnen gewinnen kann, treffen derlei Stimmen auf taube Ohren.