600.000 Mark für den bedürftigen Parteivorsitzenden

Unionsfraktion soll Geld aus einem Sozialfonds für die Partei zweckentfremdet haben

Berlin/Hannover (taz/rtr/dpa) – Mit dem Demokratischen war es in der CDU unter Helmut Kohl nachweislich nicht weit her. Doch auch der christliche Aspekt wurde, so scheint es, vernachlässigt, wenn es um die Interessen des Parteichefs ging. Nach Informationen der Berliner Zeitung hat die Führung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion jahrelang die Monatsbeiträge der Parlamentarier, die ursprünglich in einem Fonds für soziale Zwecke gesammelt wurden, zu Gunsten der Bundes-CDU zweckentfremdet.

1990 seien so 600.000 Mark, die ursprünglich für in soziale Not geratene Mitglieder oder Mitarbeiter der Fraktion gedacht waren, von einem Mitarbeiter der Fraktion in bar dem damaligen Abteilungsleiter in der CDU-Zentrale und Kohl-Vertrauten Hans Terlinden gebracht worden. Anschließend sei das Geld auf den schwarzen Konten von Helmut Kohl gelandet und vermutlich für den Bundestagswahlkampf 1990 eingesetzt worden. Ein Fraktionssprecher wollte das Ganze „weder bestätigen noch dementieren“.

Unterdessen hat der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Christian Wulff seine Partei aufgefordert, wegen der Parteispendenaffäre Schadensersatzforderungen an Helmut Kohl und Manfred Kanther zu prüfen. Dazu seien Präsidium und Bundesvorstand der Partei in ihrer Verantwortung für das Parteivermögen schon deshalb verpflichtet, um nicht selbst in einen „Untreue-Tatbestand“ hineinzugeraten, sagte er. Ob die Partei dann tatsächlich Regressansprüche geltend mache oder darauf verzichte, könne nur ein Bundesparteitag entscheiden. Wulff fordert einen Amtseid für Abgeordnete als Konsequenz aus den aktuellen politischen Affären. kn