Wenn’s schief geht, sind Pädagogen nicht zuständig

Gesucht: Seiteneinsteiger. Hamburger GEW-Kongress kritisiert Lehrerausbildung

Hamburg (taz) – Zwei prominente Erziehungswissenschaftler haben gestern den Beruf des Lehrers in der Bundesrepublik scharf kritisiert. Lehrer sollten nur noch auf Zeit eingestellt werden, wandte sich Ewald Terhart von der Uni Bochum gegen das Lebenszeitbeamtentum. Er bemängelte, dass die Lehrerkultur ohnehin „hermetisch abgeschlossen ist“. Zu Deutsch: Seiteneinsteiger haben keine Chance, die überalterten Lehrerkollegien aufzufrischen.

Terhart ist in einer Arbeitsgruppe der Länder-Kultusminister, die eine Reform der Lehrerbildung vorantreiben soll. Er hielt gestern das Eingangsreferat auf dem Hamburger Kongress der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zur Ausbildung von Lehrern. Noch schärfer ging Terharts Züricher Kollege Jürgen Oelkers mit der Zunft ins Gericht. In einer empirischen Erhebung hat Oelkers herausgefunden, dass Lehramtsstudierende mit ihrer Berufsvorbereitung völlig unzufrieden sind. Ihr Studium verschaffe ihnen keine „Hilfen zur Situationsbewältigung im Unterricht“. Ein Jahr nach der Ausbildung befragte Lehrer bezeichnen ihr Studienwissen, so Oelkers, sogar „als unbrauchbar“. Der Züricher Pädagoge schob die Verantwortung für diesen Zustand den Institutionen der Lehrerbildung zu – den Universitäten und den Lehrerbildungsseminaren. Sie verführen nach dem Motto, „wenn’s schief geht, ist keiner zuständig“.

Bei der GEW-Tagung wollen 150 Wissenschaftler, Lehrer, Gewerkschafter „Hamburger Thesen zur Lehrerinnenbildung“ formulieren. cif