General Wiranto von Präsident Wahid ausgetrickst

Indonesiens Präsident enthebt Sicherheitsminister Wiranto jetzt doch seines Amtes, damit dieser sich angeblich besser verteidigen kann. Wiranto und das Militär fügen sich

Bangkok (taz) – Indonesiens Präsident Abdurrahman Wahid hat seinem Ruf als unberechenbarer Politiker gestern wieder alle Ehre gemacht: In der Nacht zum Montag entließ er den umstrittenen Sicherheitsminister General Wiranto. Noch wenige Stunden zuvor hatte Wahid sich mit dem Minister noch auf dessen vorläufigen Verbleib im Amt geeinigt. Damit beendete Wahid gestern überraschend einen wochenlangen Nervenkrieg mit dem früheren Armeechef, den er mehrfach vergeblich zum Rücktritt aufgefordert hatte, weil gegen ihn wegen der Verbrechen des Militärs in Osttimor im vergangenen Jahr ermittelt wird.

General Wiranto solle die Gelegenheit erhalten, sich „gegen die Vorwürfe zu verteidigen“, begründete der Präsident seine Entscheidung gestern in Jakarta. Wiranto nahm die Entlassung an: Der Regierungschef habe „das Recht, zu entscheiden, und wir müssen das akzeptieren“, sagte er am Morgen.

Obwohl der Schritt als „vorläufig“ bezeichnet wurde, besetzte Wahid den Ministerposten sofort neu. Bereits am Vormittag legte der bisherige Innenminister Surjadi Soedirdja seinen Amtseid als Koordinierender Minister für Sicherheit und politische Angelegenheiten ab.

Viele Indonesier fragten sich in diesen Stunden besorgt, wie das einflussreiche Militär reagieren würde. Die Antwort kam schnell: Der Chef der Streitkräfte, Admiral Widodo A.S., erklärte öffentlich seine Unterstützung für die Regierung. Alle Waffengattungen der Armee stünden loyal hinter Wahid, sagte der Admiral, denn die Entscheidung des Präsidenten liege „im Interesse der Nation“.

Auch aus dem Ausland erhielt der Präsident Rückendeckung: UN-Generalsekretär Kofi Annan begrüßte den Schritt gegen Wiranto ausdrücklich, wie er bei einem Besuch in Singapur erklärte. Annan wird heute in Jakarta erwartet, bevor er weiter nach Osttimor fliegt.

Wiranto, der bis Oktober vergangenen Jahres an der Spitze des Militärs stand, bestreitet alle Verantwortung für die Morde und Zerstörungen in Osttimor vor und nach dem UN-Unabhängigkeitsreferendum vom August 1999.

Wahids Zickzackkurs der vergangenen Tage lässt vermuten, dass der Regierungschef von politischen Kräften im In- und Ausland stark bedrängt wurde, das Wiranto-Problem endlich zu lösen, um sich wieder anderen Konflikten zuwenden zu können. So ist zum Beispiel die Situation in der von Unruhen erschütterten Provinz Aceh und auf den Molukken explosiv.

General Wirantos Machtbasis in der Armee sei inzwischen schwach geworden, heißt es in Jakarta. Er verdankt seine steile Karriere vor allem der Loyalität zum früheren Diktator Suharto. Nach den Unruhen im Mai 1998 gehörte er aber zu jenen Kräften, die Suharto zum Abdanken überredeten und den Weg für die Übergangsregierung von B.J. Habibie freimachten. Jutta Lietsch