Schilda am Brandenburger Tor

Morgen entscheidet das Verwaltungsgericht über ein Expo-Plakat

Während die Berlinale laut und sichtbar durch die Stadt tobt, tobt nur wenige hundert Meter entfernt ein von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkter Streit. Es geht um ein 35 mal 15 Meter großes Werbeplakat für die Weltausstellung in Hannover, das seit Ende 1999 an einer Seitenwand der Deutschen Genossenschaftsbank am Pariser Platz hängt. „Sie verlassen jetzt die Gegenwart“ steht dort in mehreren Sprachen und „Eine neue Welt entsteht“.

Was für die Expo ein gutes Geschäft ist – die Bank hat die Fläche kostenlos zur Verfügung gestellt –, stößt dem Baustadtrat von Mitte, Thomas Flierl (PDS), auf. Denn das Plakat hängt ohne Genehmigung. Selbst wenn eine beantragt worden wäre, hätte es kein Einverständnis gegeben. Begründung: „Der Pariser Platz ist ein herausragendes Ensemble, das unter Denkmalschutz steht.“ Es dürfe nicht durch große Werbeflächen „verschandelt“ werden. Zudem befürchtet Flierl „Nachahmer“ und verweist auf „illegale Werbung“ in der Leipziger Straße. Der Baustadtrat erließ eine „Beseitigungsanordnung“, auf die die Expo 2000 Hannover GmbH mit einer einstweiligen Verfügung reagierte. Ganz nach dem Expo-Motto, den „Frieden zwischen den Menschen, Natur und Technik“ zu fördern, gibt es morgen einen Vororttermin des Verwaltungsgerichts.

Vergeblich hatte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) versucht, diesen abzuwenden. In einem Brief an Baustadtrat Flierl und Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) bat er um Aufhebung der „Beseitigungsverfügung“ und wies darauf hin, dass die Hotels in Mitte „von dem Besucherstrom profitieren“. Doch das Porto hätte er sich sparen können. Zeller und Flierl versicherten, sich „der Bedeutung der Expo bewusst zu sein“. Aber Werbung könne es an einem so exponierten Ort nicht geben.

Steht man auf dem Pariser Platz, ist das Plakat trotz seiner Grösse von 450 Quadratmeter nicht zu sehen. Das liegt daran, dass es an einer Seitenwand der Bank hängt. Was dagegen direkt ins Auge fällt, sind zwei hässliche große Hinweisschilder rechts und links vorm Brandenburger Tor, die den Weg zu einem Souvenirshop weisen. Dazu gesellt sich ein Potpourri von Verkehrsschildern. Ergänzt wird das „herausragende Ensemble“ durch Bauzäune und große Bauschilder für die französische Botschaft und ein Büro- und Geschäftshaus.

Ein Wurstverkäufer, der seinen Stand neben dem Brandenburger Tor hat, kann die Aufregung um das Plakat nicht verstehen. „Die Baustellenverkleidungen sind viel schlimmer“, sagt er. Geht es nach dem Senat, soll auch sein Grill weg. Bisher hat er „über 22.000 Unterschriften“ für den Erhalt gesammelt. Darunter ist der wohl bekannteste Wurstfan des Landes, der auch aus der Expo-Stadt kommt: Bundeskanzler Schröder.B. Bollwahn de Paez Casanova