Österreich: Von Kärnten aus verbreitet Haider seinen Rassismus
: Die Krankheit Nationalismus

Wer Haider „entzaubern“ möchte, muss begreifen, dass der Mann gar keinen Hokuspokus veranstaltet, sondern die politische Melodie seiner Heimat spielt: Kärnten ist die Machtbasis des Ostalpiniers. Hier verstehen deutsche Muttersprachler ihr Land als Bollwerk gegen die Slawisierung Europas. Die Krankheit Nationalismus hat in Kärnten ein Zuhause: Der Interessenverband „Kärntner Heimatdienst“, der Geschichtsverein für Kärnten, das Kärntner Landesarchiv – sie alle ackern dafür, die slowenische Minderheit in Schach und das „germanische“ Erbe hochzuhalten. Sie alle haben eine Partei: die Freiheitliche Partei Österreichs des Jörg Haider. Seit Jahrzehnten kämpft die FPÖ Kärnten dafür, die Zahl der zweisprachigen deutsch-slowenischen Gemeinden gering zu halten. Als die Wiener Bundesregierung 1976 in einer Volkszählung die deutschen und slowenischen Muttersprachler erfasste, standen in Klagenfurt Plakate mit Sätzen wie „Kärntner! Entscheide nur so: Deutsch“ oder „Wer nicht zur Zählung geht, nicht auf Seite Kärntens steht“.

Ganz im Sinne dieser Mentalität wettert auch Haider gegen die Einstellungsvoraussetzung für Lehrer und Rektoren, die an deutsch-slowenischen Schulen beide Sprachen beherrschen müssen. Haiders „Nein“ zum EU-Beitritt Sloweniens ist Ehrensache. Allerdings zeigt sich auch in Kärnten Haiders gewiefte Doppelzüngigkeit: Denn während er alles tut, um die slowenische Minderheit auszugrenzen, gibt er sich gleichzeitig als größter Slawenfreund seit Bayernherzog Tassilo III. – und lernt angeblich nun Slowenisch. Der Landeshauptmann des ehemals südlichsten Gaus der NSDAP hat den Nationalitätenkonflikt seiner Kärntner Heimat geschickt genutzt, um seine nationalliberale Gesinnung zu verbreiten.

Wer Haider entzaubern will, darf aus ihm keinen Hitler basteln und sich nicht antifaschistischer Floskeln bedienen. Das ist Unsinn. Haider gräbt seit den 70er-Jahren an der Grundlage des österreichischen Nachkriegsstaats, dem Staatsvertrag der Alliierten von 1955. Er regelt – europäisch im tiefsten Wesen – den Ausgleich mit den slowenischen, kroatischen und ungarischen Muttersprachlern in Österreich.

Die Ostalpen sind die Brücke für das „System Europa“ zum Balkan. Demokratie, Frieden, Multiethnizität sind die Themen, die auf diesem Weg gehandelt werden. Ein Angriff auf diese Grundwerte ist schlimm genug, auch ohne dass man den Nationalsozialismus bemühen müsste. Frank Hofmann

Der Autor ist freier Journalist und lebt in Berlin