piwik no script img

Bundespräsident Johannes Rau bittet in Israel um Vergebung

Erstmals spricht ein deutsches Staatsoberhaupt vor der Knesset – auf Deutsch. Einigen geht das zu weit

Jerusalem (taz) – Bundespräsident Johannes Rau hat vor dem israelischen Parlament, der Knesset, für die Verbrechen der Nazis an den Juden um Verzeihung gebeten. „Ich bitte um Vergebung für das, was Deutsche getan haben, für mich, meine Generation, um unserer Kinder und Kindeskinder willen, deren Zukunft ich an der Seite der Kinder Israels sehen möchte“, sagte Rau gestern in Jerusalem. „Angesichts des Volkes Israel verneige ich mich in Demut vor den Ermordeten, die keine Gräber haben, an denen ich sie um Vergebung bitten könnte.“

Rau entsprach damit der Aufforderung des Friedensnobelpreisträgers und Auschwitz-Überlebenden Elie Wiesel. Der hatte am Holocaustgedenktag im Januar in einer Rede vor dem Deutschen Bundestag eine solche Geste gefordert.

Rau sprach als erster Bundespräsident vor der Knesset. Er hielt seine Rede auf Deutsch. Das ging einigen Parlamentariern zu weit. Der Abgeordnete Dani Nave der rechten Oppositionspartei Likud protestierte, noch sei die Zeit nicht reif, am Rednerpult in der Knesset Deutsch zu sprechen.

Parlamentspräsident Abraham Burg sagte, er habe mit der Einladung lange gezögert. Die deutsche Sprache sei „die Sprache von Heine, Freud, Einstein und Benjamin, aber auch die Sprache von Hitler und den nationalsozialistischen Mördern“, sagte Burg, dessen Vater aus Dresden stammt. Er nannte Rau, der mit über 30 Besuchen Stammgast in Israel ist, „unseren besten Freund“. S.K.

Bericht und Dokumentation Seite 8 Kommentar Seite 12

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen