Weiter keine Lösung im Konflikt zwischen Serben und Albanern
: Zündeleien im Kosovo

„Auf beiden Seiten haben einige Fanatiker, nicht viele, gezündelt“, erklärt Bernhard Kouchner, UNO-Verwalter im kriegsgeschüttelten Kosovo, und fügt hinzu: „Doch ich denke, die Lage wird sich in Mitrovica wieder beruhigen.“ Sind es also nur ein paar Rambos und Hitzköpfe auf beiden Seiten der Barrikade am Ibar-Fluss, die mit allen Mitteln der Gewalt provozieren, um sich vor ihren Völkern als Helden des nationalen Befreiungskampfes wichtig zu machen? Es wäre verkürzt, das Problem darauf zu reduzieren.

Zwar ist wahr: Wer immer in diesen Tagen seinen Hass auf Angehörige anderer Volksgruppen ausleben möchte, der kann mühelos als serbischer Freischärler von Belgrad nach Mitrovica pilgern oder als albanischer Brandstifter über die Berge Makedoniens oder Nordalbaniens in die zweigeteilte Stadt am Ibar eindringen. Die Grenzen sind offen und die Wege frei von lästigen Polizeikontrollen. Wer sich zivil kleidet, der kommt durch, direkt bis zur „Front“.

Doch das eigentliche Problem sind nicht die jugendlichen „Fanatiker“: Bosnien lehrt, was UNO-Protektorate bewirken. Der nationale Konflikt wird nicht gelöst, er wird nur unter Verschluss gehalten. Ein kalter Friede eben, ein Waffenstillstand, nicht mehr. Jederzeit könnten Serben etwa in Srebrenica ein neues Massaker an den wenigen verbliebenen Muslimen provozieren, Kroaten eine neue Vertreibungsaktion in Mostar anzetteln. Die leicht bewaffneten UNO-Verwalter in Bosnien könnten nur zusehen, mehr nicht. Derzeit ist es ruhig in der Nordhälfte des Balkans, die Zündler sammeln sich im Süden – vorerst. Das kann sich jeden Augenblick ändern, denn der grausame Spuk im südslawischen Bruderzwist wird erst dann gebannt sein, wenn die Giftköche und Schreibtischtäter in den Hauptstädten, in Zagreb, in Tirana und vor allem in Belgrad, von der Macht für immer verschwunden sind.

US-Außenministerin Madeleine Albright sprach das Dilemma der westlichen Balkan-Makler bei ihrer Kurzvisite in Kroatien und Albanien am Wochenende offen aus: „Wir haben kein Großkroatien zugelassen, wir werden kein Großserbien dulden und kein Großalbanien.“ Das klingt gut, nur Konzepte, wie der Westen diesen Nationalwahn auf allen Seiten austrocknen könnte, nannte auch Albright nicht. Solange ein Gesamt-Balkan-Föderationsprogramm ausbleibt, haben die Zündler leichtes Spiel, sie bestimmen, wann und wo die nächste Brandbombe hochgeht. Karl Gersuny