piwik no script img

■ Unterm Strich

Car-Crash unterm Kunstwerk: Fünf Autounfälle waren genug, dann wurde die Lichtinstallation „urban context“ des Künstlers Mischa Kuball vom Ordnungsamt Lüneburg gestoppt, indem das Licht ausgeschaltet wurde. Bis dahin hatten von einem Gerüst Tag und Nacht elf Halogenscheinwerfer auf die viel befahrene Bundesstraße 4 in Lüneburg gestrahlt und so die Umrisse des verschütteten Bunkers des Lüneburger Gauleiters sichtbar gemacht. Was die Autofahrer wohl irritiert haben muss. Kuball, dessen Arbeiten im urbanen Raum zuletzt auf der São-Paulo-Biennale und in Montevideo zu sehen waren, versteht sich als „Katalysator intensivierter Kommunikation“, nicht von Auffahrunfällen mit 10.000 Mark Schaden. Deswegen wurde er auch von der „Kunstinitiative“ der Universität Lüneburg zum Aufbau der Lichtbrücke eingeladen. Die Kunstinitiative bemüht sich seit sieben Jahren den Bunker ins öffenliche Bewusstsein zu rufen mit Aktionen wie der Freilegung der Eingänge. Man möchte den Bunker gerne komplett freilegen, diese Aufmerksamkeit für den „Un-Ort“ der Geschichte soll den Umgang mit der Nazi-Vergangenheit in Gang bringen. Was bei der Stadtverwaltung niemand so richtig versteht: Es gebe in Lüneburg schon Orte der Opfer, da sei ein Ort der Täter nicht nötig, zumal die Freilegung rechtsextreme Gruppen ansprechen könnte. Außerdem sei der Bunker als „besonders schlimmer Ort“ überbewertet. Nach einer Woche Dunkelheit leuchtet die Lichtbrücke inzwischen wieder, nur zur Rush-Hour morgens und abends wird sie abgestellt. Das O.K. dafür kam nach einer ordentlichen Behördenprüfung mit Gutachtergruppe und Ortsbegehung, wobei keine „Kausalität zwischen beleuchtetem Objekt und den Auffahrunfällen“ festgestellt wurde. Karambolagen gab es seitdem keine mehr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen