Nicht länger den „großen Satan“ spielen

Die amerikanisch-iranischen Beziehungen liegen offiziell auf Eis. Hoffnung auf ein Tauwetter macht sich vor allem die US-Wirtschaft

Washington (taz) – Rodney MacAlister gehört zu den Leuten in den USA, die sich derzeit Hoffnungen auf bessere amerikanisch-iranische Beziehungen machen. Er arbeitet für den Ölkonzern Conoco und möchte die Fäden da wieder aufnehmen, wo sie von den US-Sanktionen gegen den Iran unterbrochen wurden. „Wir planten richtige Partnerschaften für die Ölförderung und die Wartung der Ölfelder, das wäre ein Milliardengeschäft geworden.“

Auch andere Firmen wie Boeing wünschen sich bessere Beziehungen. „Das ist doch absurd, die Mehrzahl der Passagiere, die auf internationalen Flügen in Teheran landen oder abfliegen, sind Amerikaner. Boeing aber darf diese Maschinen nicht warten.“ Doch politisches Tauwetter ist nicht in Sicht, obwohl Außenamtssprecher James Rubin das Wahlergebnis im Iran als „Ereignis von historischem Ausmaß“ bezeichnete. Dennoch ist seit Januar 1998 einiges in Bewegung geraten. Iranische Fußballmannschaften haben in den USA gespielt, und amerikanische Farmer haben durchgesetzt, dass trotz Sanktionen amerikanisches Getreide in den Iran verkauft werden kann.

Drei scheinbar unüberwindliche Streitpunkte aber bleiben. Irans Aufrüstung mit Massenvernichtungswaffen, die dem Iran von den USA vorgeworfene Förderung des „internationalen Terrorismus“ sowie Irans Sabotage des Friedensprozesses im Nahen Osten. „Die USA geben nicht richtig zu erkennen, was sie eigentlich vom Iran wollen und was der Iran davon hätte, den USA entgegenzukommen“, sagt Mark Gasiorowski, Politologe von der Louisiana State University. Auch Richard Haass, ehemals Mitglied in Bushs Nationalem Sicherheitsrat und heute Direktor des Brookings-Instituts, sieht noch kein Tauwetter in den Beziehungen. „Dreierlei aber könnten wir tun: Wir sollten mit dem ,Dual Containment‘ aufhören, das besagt, dass die USA und der Irak gleichermaßen in Schach gehalten werden müssen; wir sollten nicht länger jede Art von Kreditvergabe internationaler Organisationen wie der Weltbank durch unsere Stimme blockieren, wenn wir uns schon nicht durchringen können, unsere Sanktionen aufzuheben, und schließlich sollten wir nicht verlangen, dass Kontakte zwischen beiden Ländern auf offizieller Ebene stattfinden müssen.“

In der öffentlichen Diskussion ist zumindest der Begriff der „Schurkennation“ fragwürdig geworden. Am Wochenende griff Robert Litwak, ehemals Berater in Clintons Nationalem Sicherheitsrat, den Begriff der „Schurkennation“ in einem Artikel in der Washington Post an. Er sei unpräzise und schnüre die amerikanische Außenpolitik in ein Korsett. „So fangen politische Kursänderungen an“, kommentiert Richard Haass, Leute denken laut nach und zetteln Diskussionen an.

Rodney MacAlister bleibt skeptisch. „Die Pipeline, die das Öl aus Zentralasien nach Westen schaffen soll, wird mit einiger Sicherheit durch den Iran gebaut werden, die Iraner können das auch ohne uns, und das Geschäft werden andere machen.“ Mr. MacAlister wird dabei nicht tatenlos zusehen. Er hat schon eine kleine Gruppe von Lobbyisten zusammengestellt. Schließlich ist gerade Wahlkampf in Amerika. Peter Tautfest