Bratkartoffeln scheibchenweise

Sieglinde, Linda oder Bintje, Öl, Schmalz oder Butter? Tipps von zwei Profis

Die klassische Bratkartoffel gehört zu den großartigsten Errungenschaften deutscher Küche. Aber allzu leicht kann sie, von leichtsinnigen Menschen in große Gefahr gebracht, matschig werden, zerfallen, traurig, schwarz und bitter aus der Pfanne rollen, im Fettsee ertrinken. Deshalb an dieser Stelle der hochvermögende Ratschlag von professionellen Pfannenschwenkern aus dem Norden und der Mitte der Republik.

Erstens: welche Kartoffel? Hans Georg Lohrscheider, Chefkoch der geschätzten Hunsrücker „Malerklause“ in Bescheid, variiert saisonal, zeigt aber Vorlieben für Madame „Sieglinde“, während Kai-Henner Menge aus der Redaktion Essen & Trinken ganzjährig nichts als drei Millimeter dicke Scheiben der „schönen kleinen Bio-Linda“ in seine Pfanne lässt. Beide kochen die Kartoffel am Vortag „in their jackets“, wie der Brite sagt, also als Pellkartoffel. Durch den Ruhetag wird die Stärke fester, die Bratkartoffel zerfällt nicht so leicht.

Zweitens: welches Fett? Lohrscheider schwört auf Traubenkernöl der Vitis-Ölmühle in Trittenheim (Fon 0 65 07/9 26 00). Dieses Öl, „das beste auf dem Markt“, verbinde sich aromatisch-innig mit der Kartoffel und erreiche mühelos hohe Brattemperaturen. Menge nimmt Butterschmalz, am liebsten selbst gemachtes, aber „das macht außer uns sowieso keiner“. Wir wollen an dieser Stelle nicht verschweigen, dass viele Menschen unbedingt und ausschließlich normale Butter verwenden. Das zwingt zu niedrigen Temperaturen, die Gefahr des Verbrennens inklusive undelikater Bitterstoffe ist alarmierend hoch.

Drittens: welche Gerätschaft? Beide Experten halten die Eisenpfanne hoch, die bei Lohrscheider niemals gespült, sondern nur ausgerieben wird. Menge gibt schließlich mit leicht resignativem Unterton nach: „Gut, von mir aus auch Teflon.“ Die Hitze muss indes gut dosiert werden, goldbraun soll die Kartoffel werden, nicht zu dunkel. Menge brät acht bis zehn Minuten auf jeder Seite und wendet wegen des Zerfallsrisikos so wenig wie möglich. Beide Köche neigen zu Schalotte und gerauchten Bauchspeck-Würfelchen, die aber erst kurz vor Bratende kleingeschnitten zugegeben werden. Der Speck soll wegen der Nitrosamine nur kurz gebraten werden, die Zwiebel oder Schalotte wegen der Verbrennungsgefahr ebenso. Lohrscheider rät zum Kartoffelbraten in kleinen Portionen, („lieber zweimal“), um das Kartoffel-Pfannenboden-Verhältnis inklusive Bräunungsfaktor zu optimieren. Und er blanchiert seinen Speck vorab zwei Minuten in Kochwasser, damit er schon gar ist.

Und noch ein Tipp aus der Mahlerklause: Bratkartoffeln, die nicht frisch zubereitet sind, sondern, als Convenience-Produkt geliefert, nur kurz nachgebraten werden, erkennt der Esser sofort am Klebe-Effekt. Frische Bratkartoffeln purzeln locker, individualisiert und nicht anhaftend über Pfanne und Teller.

Manfred Kriener