Kalkül und Leidenschaft

Bioland sucht Firmen, die Fleisch, Milch und Gemüse aus ökologischem Landbau weiterverarbeiten und -verkaufen  ■ Von Gernot Knödler

Der ökologische Anbauverband Bioland sucht händeringend nach Betrieben, die Bioloand-Erzeugnisse nach den Richtlinien des Verbandes weiterverarbeiten. „Was uns hier im Norden fehlt, ist eine handwerkliche Verarbeitungsstruktur“, sagt Carola Ketelhodt, die Geschäftsführerin für Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

In Büsum und Trittau nahmen deshalb die ErzeugerInnen das Problem selbst in die Hand. An der Küste entsteht zur Zeit eine große Anlage, in der Bio-Gemüse tiefgefroren wird. Die Produkte finden sich in den Öko-Regalen der konventionellen Supermärkte wieder. Abnehmer sind große Firmen wie „Frosta“, die eine Öko-Variante anbieten, oder der Babykost-Hersteller Hipp, der einer sensiblen Kundschaft gerecht werden muss.

Ähnlichen Erfolg hat nach Angaben des Verbands die Trittauer Meierei mit ihrer Marke „Hamfelder Hof“. Nachdem die Milch direkt vom Hof in Verruf geraten war, fanden die Bauern hier einen Verarbeitungsbetrieb. „Überall da, wo sich die Vermarktung positiv entwickelt, suchen wir neue Betriebe“, sagt Ketelhodt. Ohne dass ihr Verband Werbung machen müsste, meldeten mehr und mehr Bauern aus der Umgebung Interesse an, vom Öko-Geschäft zu profitieren. Die Bauern aus der Umgebung stellten von alleine um, wenn sie merkten, es gibt AbnehmerInnen.

Für die Neulinge im ökologischen Landbau bietet Bioland einmal im Jahr einen Einführungskurs an. In den vier Tagen, die diese Woche zu Ende gegangen sind, lernten rund 20 InteressentInnen die Grundzüge des ökologischen Land- und Gartenbaus kennen, erfuhren, wie der Anbau-Verband funktioniert und an konkreten Beispielen, wie ein Bauernhof umgestellt werden kann: „Wie schafft man das ohne Kunstdünger, und wie kriege ich die Tiere satt“, umreißt Carola Ketelhodt das Problem. Denn das Futter für die Tiere muss auf dem eigenen Hof wachsen.

Der Einführungskurs ist Pflicht für alle, die Mitglied im Anbauverband werden wollen. Teilnehmen kann aber jedeR, und so kamen über die Jahre neben Landwirten und Gärtnerinnen Studentinnen und Leute von Bioläden.

Über die vergangenen zehn Jahre macht Ketelhodt drei Generationen von EinsteigerInnen aus: Da waren zunächst – sie scheut sich das Wort zu gebrauchen – die „Ideologen“. QuereinsteigerInnen wie SozialpädagogInnen und LehrerInnen, die die Welt verändern wollten. Auf sie folgte, induziert in Schleswig–Holstein durch die staatliche Förderung der ökologischen Landwirtschaft, eine Generation ökonomisch motivierter Neulinge. Heute kämen gestandene LandwirtInnen, die für sich entschieden hätten: „Wir wollen nicht länger mit der Spritze übern Acker laufen.“ Ökonomisches Kalkül und Leidenschaft hielten sich bei ihnen die Waage. „Das stimmt mich sehr optimistisch“, sagt Ketelhodt.

Genügend Platz für EinsteigerInnen ist vorhanden: Von 24.230 landwirtschaftlichen Betrieben in Schleswig-Holstein betrieben 1997 nach Angaben der Agentur ZMP lediglich 331 ökologischen Landbau; in Mecklenburg-Vorpommern waren es 517 von 5120 Höfen und in Hamburg schlappe 81 von 1475.

Bioland ist zu erreichen in der Kieler Straße 26 in 24582 Bordesholm, Tel.: 043 22/75 94-0, Fax -44.