Aufwärts mit Drei-H

■ Wolfsburger Frustrationen und Bremer Glück endeten unentschieden 2:2

Werder gewinnt gegen den VfL ein 2:2. Worauf die Fußballwelt dringend gewartet hat – nun ist es raus: Auch nach schwersten Niederlagen gibt es Hoffnung. Es hilft die drei-H-Methode. Heimeligkeit, Haustierpflege, Harthörigkeit gegenüber jeglicher Berichterstattung, und schon ist die alte Leis-tungskraft wieder da.

So zumindest lehrt es der medial frisch verhauene Wolfsburger Fußballspieler Zoltan Sebescen. Als sich Samstag Nachmittag nach dem Abpfiff im Weserstadion ein ganzer Schwarm von Reportern auf den gerade gescholtenen Kicker stürzte, um sich treuherzig nach der werten Befindlichkeit in den Tagen nach dem grausligen Länderspiel gegen Holland zu erkundigen, da sagte der nur ganz cool: „Ich bin zu Hause geblieben, habe mit meinem Hund gespielt und ansonsten keine Zeitung gelesen.“ Hat geklappt. Sebescen hatte eine ganz ordentliche Figur abgegeben. Allerdings in einem Spiel, in dem die sportliche Konkurrenz nicht allzu groß war. Mit Mühe und Not hat sich Werder ein 2:2 gegen beherzt auftretende Wolfsburger Gäste ertrotzt. Die hätten gut und gerne gewinnen können. Zweimal waren sie in Führung gegangen, hatten über weite Strecken das Spiel dominiert, waren schneller auf den Beinen als im Kopf, nur war am Bremer Strafraum meist Feierabend für die Wolfsburger Vorwärtsbemühungen. Aus der spielerischen Überlegenheit resultierten allzu wenige zwingende Torchancen. Derlei rächt sich gemeinhin. Und meist derart bitter, dass das nach dem Schlusspfiff dominierende Team kollektiv und in stummer Trauer über zwei verschenkte Punkte rücklings auf den Rasen plumpsen. Sechs Minuten vor Ultimo fälschte Pizarro, bis dahin grausam schwach, einen Schuss seines Kollegen Barten zum Endstand ins gegnerische Tor ab und bei Ultimo fielen die Wolfsburger stumpf um.

„Zwei Punkte verloren“, grämte sich hernach auch Trainer Wolfgang Wolf. Zu recht. Was von einem Spiel zu halten ist, in dem auf Bremer Seite der Fußballer Wiedener beinahe als Bester und sowieso als der Grün-Weiße mit den häufigsten Kontakten zum Spielgerät ausgewiesen wird, nun, das kann sich denken, wer je die Bremer Mannschaft kicken sah. Eilts rackerte, Trares mühte sich redlich, Dynamik ins Spiel zu bringen, Frings hatte bis zur Pause noch die eine oder andere gute Idee, doch das gab sich mit der Zeit. Und die anderen? Die komplett neu formierte Abwehr mit Skripnik, Barten und Flock ließ sich ein ums ander Mal übertölpeln, Andreas Herzog, als Führungsfigur und Spielmacher gerade dann gefordert, wenn's der Mannschaft verletzungs- und sperrenbedingt an echten Köpfen mangelt, war in der Kategorie ein glatter Ausfall. Was nur deshalb nicht gar so sehr auffiel, weil Anspiele aus dem Mittelfeld von den beiden Herren Stürmern Pizarro und Bogdanovic ohnehin nicht verwertet wurden. Dem einen, Bogdanovic, mangelt's nach seiner langen Verletzungspause noch sichtlich an Spielpraxis, und bei Pizarro kriselt's gewaltig. Ihm wurde allzu häufig zum Verhängnis, dass vor dem Torschuss immer noch die Kontrolle des Balles steht. Was wiederum halb so schlimm war, weil die Pässe aus dem Mittelfelld oft genug eh nicht zu verwerte waren. Kurzum: Bei Werder passte kaum etwas zusammen, und je mehr Fehler produziert wurden, desto geringer schien das Engagement der einzelnen Kicker zu werden, doch noch geordnete Bemühungen zu starten.

„Einen Punkt gewonnen“, gab Coach Schaaf unumwunden zu. Und mochte seinen Mannen so gar kein Pardon geben. Trotz der Bremer Verletzungsmisere. Wann Bode, Wicky und Cesar ins Team zurückkommen können ist unklar, Abwehrchef Baumann und Goalgetter Ailton waren gelbgesperrt – „ist schon so“, sagt Schaaf. „Aber ich habe keine Lust, das als Entschuldigung zu nehmen.“ Zumal schließlich auch bei den Wolfsburgern mit Biliskov und Thomsen die komplette Innenverteidigung ausgefallen war und Ersatzmann Ballwanz zur Halbzeit wegen eines Handbruchs ausgewechselt werden musste. Schaaf: „Letztlich haben da elf gegen elf auf dem Platz gestanden. Und uns hat vor allem das Feuer gefehlt.“

Das muss der ehrgeizige Coach nun bis spätestens Dienstag entfacht haben. Denn dann haben die Bremer zum Auftakt eines beinharten März-Programms im UEFA-Cup beim Titelverteidiger AC Parma anzutreten. „Da spielen wir auf jeden Fall besser“, verspricht Schaaf.

Auf jeden Fall wieder mit Baumann und Ailton; ob der Trainer noch weitere Tricks anwendet, wird nicht verraten. Vielleicht ja nach dem frustrierenden Heimspiel vom Samstag die Methode Sebe-scen. Drei-H: Daheim bleiben, Zeitungsverbot und den Wauwau stellt der Verein. Jochen Grabler