Wegen Richterbestechung vor Gericht

Italiens Medienmogul und Forza-Italia-Chef Silvio Berlusconi sieht sich mit einer neuen Serie von Prozessen konfrontiert

Rom (taz) – Eigentlich will Sivio Berlusconi mit der Mailänder Justiz nichts mehr zu tun haben. Doch zum Leidwesen des italienischen Oppositionsführers ist sein Kalender in den nächsten Wochen reichlich mit Justizterminen gefüllt. Gestern begann die Anhörung über die Eröffnung der Hauptverhandlung im Verfahren Mondadori. Die Staatsanwaltschaft beschuldigt Berlusconi, er habe 1991 den römischen Richter Vittorio Metta geschmiert, um die Kontrolle über die Verlagsgruppe Mondadori zu gewinnen.

Und schon am 9. März beginnt die Hauptverhandlung in einem zweiten Verfahren: Angeblich seien 1985 wiederum Millionensummen geflossen, um ein günstiges Urteil in der Übernahmeschlacht um die Lebensmittelholding SME zu erreichen.

In beiden Fällen war der Unternehmer Carlo De Benedetti Berlusconis Gegenspieler. Er kontrollierte aufgrund eines Aktionärspakts mit der Gründerfamilie Mondadori-Formenton den Mailänder Verlag Mondadori. Von höchstem politischem Interesse war der Verlag, weil an ihm die zweitgrößte italienische Tageszeitung La Repubblica genauso wie die beiden Wochenmagazine Panorama und Espresso hingen, allesamt Zeitungen, die weder an Berlusconi noch an seinem damaligen politischen Patron Bettino Craxi ein gutes Haar ließen.

Im Falle der Kündigung des Aktionärspakts hatte De Benedetti ein Vorkaufsrecht auf die von der Gründerfamilie gehaltenen Aktien. Doch Vittorio Metta, Richter beim römischen Appellationsgericht, erklärte die Klausel für unwirksam und segnete so die Übernahme der Mondadori-Gruppe durch Berlusconi ab. Ein paar Monate später erwarb der Richter eine schöne Villa – mit Berlusconi-Geld, wie die Mailänder Staatsanwälte beweisen wollen.

Ähnlich soll 1985 die Auseinandersetzung um die Lebensmittelgruppe SME gelaufen sein. Carlo De Benedetti hatte schon einen Kaufvertrag mit der Staatsholding IRI geschlossen, als die Regierung Craxi das Geschäft stoppte und neue Interessenten zum Gebot aufforderte. Auch in diesem Fall landete die Auseinandersetzung vor einem römischen Gericht, wieder scheiterte De Benedetti – und wieder hatte Berlusconi nach Auffassung der Staatsanwaltschaft gleich mehrere Richter auf der Payroll.

Doch damit ist die Liste der Prozesse noch nicht zu Ende. Im April beginnt die Verhandlung über Berlusconis schwarze Auslandskassen, im Juni die über den ebenfalls schwarz finanzierten Ankauf eines Fußballspielers für den AC Milan.

Dennoch kann Berlusconi der Prozesswelle gelassen entgegensehen. Er hat die Mitte-rechts-Wählerschaft davon überzeugt, dass er ein Opfer übler politischer Verfolgung ist; ansonsten setzt er auf Zeit. Schließlich rechnet er sich gute Chancen aus, spätestens im April 2001 wieder Regierungschef zu werden. Dabei könnte er in Verlegenheit kommen. Wie in solchen Fällen üblich, hat sich die Regierung als Nebenklägerin in beiden Verfahren konstituiert – womöglich findet sich in einem Jahr der Ministerpräsident Berlusconi als Nebenkläger gegen den Bürger Berlusconi. Michael Braun