Infos über Atomskandal strahlten nur langsam aus

Deutsche Ministerien wußten schon im September von Schlamperei in Sellafield

Berlin (taz/AP) – Die Schlampereien in der britischen Atomfabrik Sellafield waren offenbar schon früher bekannt als bisher angenommen. Das Außenministerium Joschka Fischers (Grüne) habe bereits am 15. September 1999 ein Schreiben der deutschen Botschaft aus London erhalten, in dem diese auf die Unregelmäßigkeiten hinwies. Das sagte gestern der niedersächsische PDS-Abgeordnete Christian Schwarzenholz nach einer Sitzung des Umweltausschusses des Landtags in Hannover.

Mit Umwegen über das Bundesumweltministerium brauchte die Information immerhin bis zum 12. Januar, bis sie in der Spitze des Umweltministeriums in Hannover und schließlich auch in der Öffentlichkeit angekommen war. Niedersachsens Umweltminister Wolfgang Jüttner (SPD) hatte daraufhin durchgesetzt, dass britische Brennelemente aus dem Atomkraftwerke Unterweser entfernt werden. Das AKW ist gegenwärtig abgeschaltet. Die Brennelemente waren von Sellafield mit gefälschten Papieren geliefert worden.

Der niedersächsische Umweltminister hat auch seinem eigenen Ministerium Versäumnisse beim Umgang mit dem Brennelementeskandal im Atomkraftwerk Unterweser vorgehalten. Bereits im September 1999 habe es mündliche Hinweise des Betreibers PreussenElektra auf Unregelmäßigkeiten in der britischen Brennelementefertigung in Sellafield gegeben, sagte Jüttner am Montag in Hannover. Doch sei dem Mitarbeiter die Brisanz dieser Information nicht klar gewesen. Die Frage sei, ob die Aufsichtsbehörden angemessen reagiert hätten.

Auch in der Fachöffentlichkeit sei seit Monaten über mögliche Sicherheitsmängel in Sellafield diskutiert worden, sagte Jüttner nach einer Sitzung des Umweltausschusses des Landtags. Diese Debatte sei jedoch von Land und Bund nicht aufgenommen worden.

Die Fraktionschefin der Grünen im Landtag, Rebecca Harms, forderte Konsequenzen aus der Atomfälschung. Das Atomkraftwerk Unterweser dürfe nicht wieder ans Netz gehen, so Harms. Denn es fehle der Entsorgungsvorsorgenachweis, wenn Sellafield nicht mehr für die Wiederaufarbeitung des Brennstoffs in Frage komme. koch

Bericht Seite 8