Land unter in Mosambik – und die Welt schaut zu

Die Hochwasser führenden Flüsse setzen immer mehr Landstriche unter Wasser. Hilfe für die Opfer tröpfelt nur ■ Von Kordula Doerfler

Johannesburg (taz) – Bei der Hochwasserkatastrophe in Mosambik sind vermutlich bereits mehrere Tausend Menschen ums Leben gekommen. Diese Zahlen hielten gestern Regierungsbeamte und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen für wahrscheinlich. Auch die Sprecherin des UN-Welternährungsprogramms (WFP), Michelle Quintaglie, ging gestern von mindestens 1.000 Toten aus. „Die Situation droht außer Kontrolle zu geraten“, warnte sie.

Gestern nachmittag warteten noch immer vermutlich mehr als 100.000 Menschen in Mosambik darauf, aus den Fluten gerettet zu werden. Nach einer ersten Hochwasserwelle hatten sich schon am Wochenende Zehntausende verzweifelt auf Baumspitzen, Hausdächer und kleine Landinseln geflüchtet. Fünf Hubschrauber der südafrikanischen Armee haben jetzt insgesamt mehr als 4.000 Menschen gerettet. Tausenden drohte jedoch der Tod durch Ertrinken, weil auch gestern, eine Woche nachdem der Zyklon Eline das Land verwüstet hatte, noch immer kaum ein Dutzend Rettungsflugzeuge im Einsatz waren.

Zwar erhöhte Südafrika, das über die größte Luftwaffe des Kontinents verfügt, die Zahl seiner Hubschrauber gestern auf insgesamt neun, dazu kamen zwei weitere ausgerechnet aus dem bettelarmen Nachbarland Malawi. Weil die internationale Hilfsmaschinerie allerdings nur sehr schleppend anläuft, ist auch die Zahl der Flugzeuge vollkommen unzureichend.

Die Folge ist doppelt fatal. Nicht nur droht Tausenden das Ertrinken, sondern auch die Hilfslieferungen in die überschwemmten Gebiete kommen nur äußerst stockend in Gang. Sowohl Mosambiks Präsident Joaquim Chissano als auch Mitarbeiter von Hilfswerken appellierten gestern erneut an die internationale Gemeinschaft, so schnell wie möglich mehr Geld zur Verfügung zu stellen. Chissano hatte sich in mehreren Rundflügen über den betroffenen Provinzen Gaza, Sofala und Inhambane ein Bild machen können. Sein erneuter Hilferuf fiel trotzdem schüchtern aus. „Ich kritisiere die Welt nicht, denn wir bekommen schon sehr viel Hilfe“, so Chissano, „aber wir brauchen mehr.“

Deutlicher wurde Quintaglie. „Die Hilfe kommt viel zu langsam, ganz anders als etwa bei der Kosovokrise“, bemängelte sie. Erst am Montag hatten sich einige westliche Industrienationen zu Soforthilfe in nennenswertem Umfang bereit erklärt. Chissano hatte letzte Woche Hilfe in Höhe von 63,5 Millionen US-Dollar (127 Millionen Mark) gefordert. Bis gestern sagten verschiedene Länder insgesamt 27 Millionen Mark zu. Den weitaus größten Teil haben bislang Großbritannien und das ehemalige koloniale Mutterland Portugal zur Verfügung gestellt. Die britische Regierung forderte auch die EU-Mitgliedsländer auf, Mosambik seine bilateralen Schulden zu erlassen. Die Bundesregierung hat Hilfe in Höhe von 3,3 Millionen Mark zugesagt.

Fast eine halbe Million Menschen wurden bisher obdachlos, 800.000 sind von Seuchen bedroht. Ein Ende der Überschwemmungen war indessen auch gestern nicht in Sicht. Zwar hat der starke Regen über dem südlichen Afrika nachgelassen, doch drohen Flüsse aus den Nachbarländern neue Hochwasserwellen ins mosambikanische Tiefland zu bringen.

Experten befürchten auch, dass bisher nicht betroffene Landesteile weiter nördlich überschwemmt werden. Der aus Simbabwe und Sambia kommende Sambesi-Fluss soll nämlich ebenfalls über die Ufer treten, nachdem beide Länder am Kariba-Stausee die Schleusen geöffnet haben. Und über dem Indischen Ozean bauen sich derzeit nach Eline zwei weitere Zyklone auf: Felicia und Georgia.