Steinewerfer in Darmstadt gefasst

Drei US-amerikanische Jugendliche gestehen die Tat. Motiv liegt noch im Dunkeln

Darmstadt (taz) – Das ging schnell: Nur knapp 24 Stunden nach den Steinwürfen auf die Bundesstraße 3 in Darmstadt, durch die am Sonntag gegen 21 Uhr zwei Frauen in ihren Autos getötet und fünf weitere Menschen verletzt wurden, schnappte das Sonderkommando „Brücke“ der Polizei die – geständigen – Täter. Drei US-amerikanische Jugendliche im Alter von 14, 17 und 18 Jahren wurden am Montagabend nach Hinweisen aus der Bevölkerung in den Wohnungen ihrer Eltern in der US-Siedlung „Lincoln“ festgenommen.

Ein vierter US-Boy, der bei dieser Tat lediglich „Mitwisser“ gewesen sein soll, durfte nach einem ersten Verhör wieder nach Hause gehen. Gegen die drei anderen beantragte die Staatsanwaltschaft am Landgericht in Darmstadt gestern Haftbefehl „wegen Mordes und Mordversuchs“.

Mit ihren Steinwürfen von der Fußgängerbrücke, die eine deutsche Wohnsiedlung mit dem „Lincoln-Village“ und einer US-Schule dort verbindet, hätten die Jugendlichen zwar nicht vorsätzlich Menschen umbringen wollen, sagte Oberstaatsanwalt Georg Balß auf einer Pressekonferenz in Darmstadt. „Doch Tote sind von ihnen billigend in Kauf genommen worden.“ Den Drei, die sich wahrscheinlich vor einem deutschen Gericht für ihre Bluttat verantworten müssen, droht eine Haftstrafe von bis zu zehn Jahren.

Die Schüler hätten sich schon in den vergangenen „vier bis sechs Wochen“ regelmäßig auf die Brücke begeben, um Steine auf Autos zu werfen, so die Staatsanwaltschaft mit Hinweis auf die ersten Aussagen der geständigen Delinquenten. Das sei bei ihnen schon „Tradition“ gewesen. Weil die zuvor von der Brücke geworfenen kleineren Steine keine größeren Schäden anrichteten, entschlossen sie sich an diesem Sonntagabend, größere Exemplare herbeizuschaffen – von einer nahe gelegenen Baustelle.

Die wuchteten sie dann mit einer Schneeschaufel über eine Schutzwand aus Plexiglas. Und das Motiv? „Das liegt weiter im Dunkeln“, sagte ein Sprecher der Polizei gestern auf Nachfrage der taz. Alle Fragen danach seien von den Jugendlichen bei den Vernehmungen auch durch die in die Ermittlungsarbeit eingebundenen US-Militärpolizisten nicht beantwortet worden: „Schweigen und Achselzucken.“

US-Verteidigungsminister Willam S. Cohen sprach den Angehörigen der Opfer gestern seine Anteilnahme aus. Er sei „schockiert und traurig“, erklärte er in einer Stellungnahme, die von der US-Botschaft in Deutschland verbreitet wurde.Klaus-Peter Klingelschmitt