Ein Votum gegen den Frieden

Israels Parlament befürwortet in erster Lesung ein Gesetz, das ein Referendum über Frieden mit Syrien erschwert. Ein Schlag für Premier Barak ■ Aus Jerusalem Susanne Knaul

Die israelisch-syrischen Friedensverhandlungen haben gestern einen Rückschlag erhalten. Mit 60 zu 53 Stimmen wurde in Israels Parlament, der Knesset, ein Gesetzentwurf in erster Lesung befürwortet. Demnach würde in dem von Israels Regierung geplanten Referendum über die Frage „Golanhöhen im Gegenzug für einen Friedensvertrag?“ eine einfache Mehrheit nicht ausreichen. Sollte das Gesetz in weiteren drei Lesungen verabschiedet werden, wäre für den Volksentscheid eine Mehrheit von 60 Prozent notwendig. Der von des Opposition eingereichte Entwurf wurde mit den Stimmen dreier Koalitionsparteien befürwortet. Das bedeutet für Premier Ehud Barak seine erste große Niederlage im Parlament.

Erziehungsminister Jossi Sarid (Meretz) rechnet unterdessen nicht damit, dass der Entwurf in den kommenden Lesungen mehrheitlich befürwortet wird. Nicht zuletzt könnte die konkrete Verabschiedung des Gesetzes gleichzeitig als Misstrauensvotum gegen die Regierung herhalten. Für ein Aufbrechen der bestehenden Koalition besteht jedoch derzeit kein sichtbarer Grund. Die drei Fraktionen, die die Opposition in dem Gesetzentwurf stützten, hatten während der Koalitionsverhandlungen die derzeitige Regierungsposition unterstützt. Sarid glaubt, dass sie ihre Meinung bis zur endgültigen Abstimmung erneut revidieren werden. Denkbar wäre zudem, dass sich Barak unter veränderten Bedingungen nicht mehr an seine Verpflichtung gebunden fühlt, überhaupt einen Volksentscheid vorzunehmen.

Die Koalitionspolitiker Jossi Beilin und Anat Maor nannten den Gesetzentwurf „rassistisch“. Es werde ein Unterschied in der Gewichtung der Stimmen gemacht, begründet Maor. In Israel bestünde in dieser Hinsicht „die klare Assoziation auf die arabische Stimme“. Jedem Bürger stünden jedoch das gleiche Recht und die gleiche Gewichtung zu. Die Parlamentarierin erwägt derzeit, vor den Obersten Gerichtshof zu ziehen, da der Gesetzentwurf „die Würde des Menschen“ antaste.

Ungeachtet der konkreten Folgen für den Friedensprozess, bedeutet das Abstimmungsergebnis nicht nur ein Negativsignal an den Verhandlungspartner in Damaskus, sondern zudem ein Schlag ins Gesicht von Ehud Barak. In seiner Koalition sitzen Minister und Parlamentarier, die sich nicht an den Koalitionsvertrag halten. „Barak hat eine Regierung aber keine Koalition“, lästerten bereits Mitglieder der Arbeitspartei. Diese Situation wirft unvermeidlich die Frage auf, inwieweit umgekehrt die Arbeitspartei künftig noch ihren Verpflichtungen gegenüber den drei vertragsbrüchigen Parteien nachkommen muss, und wie regierungsfähig die Koalition dann noch ist.

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