Hilfe, die keiner braucht

Die Behörde hat im vergangenen Jahr eine Million Mark für überflüssige Plätze in Jugendwohnungen ausgegeben  ■ Von Sandra Wilsdorf

Die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB) hat im vergangenen Jahr etwa eine Million Mark für Räume und Betreuer in Jugendwohnungen ausgegeben, die nicht gebraucht wurden. Eine Kleine Anfrage des Regenbogen-Abgeordneten Lutz Jobs hat ergeben, dass die zehn Plätze für besonders schwer erziehbare Jugendliche, die die Behörde beim landeseigenen Betrieb für Erziehung und Bildung (LEB) eingerichtet hat, nur zu 47 Prozent ausgelastet waren. Kosten sind aber für 100 Prozent entstanden – zwei Millionen insgesamt – denn Wohnungen und Betreuer stehen bereit und kosten, egal ob sie jemand braucht.

Die Behörde hatte die Jugendwohnungen 1998 eingerichtet, nachdem zwei Jugendliche, die in Tonndorf in einer Wohngruppe für straffällige Jugendliche lebten, einen Kioskbesitzer umgebracht hatten und Teile von Öffentlichkeit und Politik nach geschlossenen Heimen verlangten. Diesem Verlangen hatte die Behörde nicht nachgegeben, aber dennoch die Tonndorfer Wohnung geschlossen und zwei neue Jugendwohnungen in Bergedorf und in Barmbek geschaffen. Beide haben je acht Plätze: Drei für Jugendliche, die vom Richter eingewiesen werden, um Untersuchungshaft zu vermeiden, und fünf für Jugendliche, die mit einer „Hilfe zur Erziehung“ intensiv betreut werden. Für letztere lag die Belegung 1999 bei nur 47 Prozent.

Für Jobs ist dies in Beweis dafür, dass die freien Träger das bessere Konzept haben. Verschiedene von ihnen hatten 1998 angeboten, die Jugendlichen in bestehende Angebote für Hilfen zur Erziehung zu integrieren. Sie befürchteten, dass eine Spezialeinrichtung die Jugendlichen von ihrem Umfeld isoliert und stigmatisiert und dass Kosten pauschal entstehen.

Vielleicht kommt die Jugendbehörde demnächst auf ihr Angebot zurück. Herbert Wiedermann, Leiter der Abteilung Hilfen für Kinder, Jugendliche und ihre Familien beim Amt für Jugend, kündigt jedenfalls Konsequenzen aus den vorgelegten Zahlen an: „Wenn die Auslastung so gering bleibt, müssen wir das Konzept ändern.“ In dem einen oder anderen Fall sei sicher ein freier Träger eine sinnvolle Alternative zum LEB. „Aber die Hochkriminellen unter den Jugendlichen brauchen eine bestimmte Infrastruktur.“ Ihm habe noch kein freier Träger garantiert, dass der Jugendliche einzeln von einem Lehrer beschult werde oder dass er regelmäßig eine Werkstatt besucht. „Praktische Arbeit und starke Strukturierung aber brauchen diese Jugendlichen.“

Das Angebot der freien Träger steht noch, sagt Uwe Mann van Velzen vom Rauhen Haus: „Trotzdem ist so eine Einrichtung wie die des LEB nötig, denn die ganz, ganz schwierigen Fälle können wir nicht übernehmen.“ Denkbar wäre laut Wiedermann, dass es statt zwei nur noch eine LEB-Wohnung gibt. „Andererseits wurde gerade an der Einrichtung in Tonndorf kritisiert, dass sie die einzige in Hamburg war.“