Sonne auf dem Parkett

Der Neue Markt hat sich zum Star unter den europäischen Börsen gemausert. Auch der Freiverkehr an den Regionalbörsen bietet gute Chancen

„Windkraftanlagen, die an guten Standorten gebaut werden, sind wie Sparbücher, die sich rentierlich verzinsen.“

Frank Asbeck hatte allen Grund zum Feiern. Der Sprecher des Vorstands der SolarWorld AG ließ am 8. November die Sektkorken knallen. Im Börsensaal der Düsseldorfer Börse hatte der Bonner Solarpionier zusammengetrommelt was Rang und Namen hat. Franz Alt referierte über die Perspektiven des Sonnenzeitalters, der nordrhein-westfälische Bauminister Michael Vesper (Bündnis 90/Die Grünen) glänzte bei Sekt und Selters mit grünen Visionen über eine nachhaltige Energieversorgung, und selbst der Chef der Rheinisch-Westfälischen Börse, Dirk Elberskirch war begeistert vom stürmischen Verlauf der Zeichnung der 500.000 SolarWorld-Aktien. „Mit dieser Kapitalspritze werden wir unseren Expansionskurs finanzieren“, meinte Asbeck zuversichtlich.

Wenige Monate später sieht die Bilanz ganz ordentlich aus, SolarWorld segelt stramm im Wind. Für Asbeck hat sich die Aufnahme des Aktienhandels im Freiverkehr der rheinischen Regionalbörse gelohnt. Ein zweistelliger Millionenbetrag konnte in die Kassen des Unternehmens gespült werden. „Für den Aufbau unseres neuen Geschäftsfeldes Windenergie kommt die Kapitalmasse genau zum richtigen Zeitpunkt“, erklärt Asbeck.

Der Diplom-Ingenieur hat vor vier Jahren die Firma „Ingenieurbüro für Industrieanlagen Frank H. Asbeck“ in Bonn gegründet. Bau und Handel von Photovoltaikanlagen und -komponenten gehörten damals zu seinen Schwerpunkten. 1998 wurde die Firma umgetauft und heißt seitdem SolarWorld AG. Bei Umsatzsteigerungen von rund 30 Prozent pro Jahr konnte er den Schritt an die Börse durchaus wagen. Hinzu kommt, dass Asbeck in der Solarbranche als einer der Anhänger der erneuerbaren Energien gilt, die es verstehen, mit umweltfreundlicher Stromproduktion nicht nur etwas zum Schutz von Mensch und Natur zu leisten – er will mit regenerativen Kraftwerken auch Geld verdienen. Für die Realisierung von riesigen Solarkraftwerken in der Eifel braucht SolarWorld Kapital, ebenso für den Bau großer Windparks. „Selbst bei guten Umsatzsteigerungen reichen die Erlöse nicht aus, um unser ehrgeiziges Wachstum zu finanzieren“, meint der SolarWorld-Chef.

Der Freiverkehr an der Düsseldorfer Börse bietet Asbeck gegenüber dem Neuen Markt einige Vorteile. Die Publizitätspflicht ist nicht so rigoros wie an der Frankfurter Börse. In Düsseldorf reicht es, wenn zur Hälfte des Geschäftsjahres ein Zwischenbericht erstellt wird. Am Neuen Markt werden solche Reports quartalsweise verlangt. „Außerdem ist dieser Börsengang für uns wesentlich billiger gewesen“, sagt Asbeck. Ein entscheidendes Argument, soll doch das Geld des Unternehmens in den Ausbau erneuerbare Stromquellen fließen und nicht unbedingt dazu beitragen, die Kassen der Banker und Berater zu füllen.

Das Unternehmen zählt in Düsseldorf zu den Senkrechtstartern, und in der Solar- und Windkraftbranche gilt Asbecks Schachzug als Vorbild für viele Newcomer, die über einen Börsengang Geld für ihren Expansionskurs sammeln wollen. Unmittelbar nach der Aufnahme des Aktienhandels legte SolarWorld richtig los. Der Windpropeller mit einer Leistung von jeweils 600 Kilowatt (kW) wurde in der Nähe der Eifelortschaft Heimbach gebaut. Sechs weitere Mühlen mit je 1,5 Megawatt (MW) sollen in der Hocheifel in der Gemeinde Mechernich gebaut werden. Bis 2004 will SolarWorld in den stürmischen Höhen der Eifel Propeller mit einer Gesamtleistung von 100 MW errichten. Asbeck will die Projekte nicht nur einfach planen und dann an Anleger verkaufen, die sich in erster Linie aus steuerlichen Gründen daran beteiligen. „Windkraftwerke an guten Standorten gebaut, sind wie Sparbücher, die sich rentierlich verzinsen“, meint er. Bei guten Durchschnittswindgeschwindigkeiten hat der Mann sicher recht. Vom geplanten Ökostromhandel hat sich Asbeck jedenfalls als einer der ersten aus der Naturstromszene verabschiedet. Der Grund: Die neue Verbändevereinbarung für die Durchleitung von Strom führe zu einer Kostenexplosion für Ökostrom. „Der grüne Strom würde demnach fast 40 Pfennig pro Kilowattstunde kosten. Wer soll das denn bezahlen?“, so Asbeck. Während andere krampfhaft am Ökostrom festhalten, diesen sogar ausbauen wollen, lässt Asbeck grüne Elektronen nur noch ins Netz fließen und kassiert dafür die Stromeinspeisevergütung.

Stillstand bedeutet für den Solarcrack aus Bonn jedenfalls mehr als nur Rückschritt. Seine Befürchtung: Fantasielosigkeit könnte sich dann breit machen. Doch genau davon ist Asbeck weit entfernt. Anfang Dezember vorigen Jahres stieg SolarWorld bei der Windkraftschmiede Fuhrländer ein. „Dadurch können wir für unsere Windparks deutliche Kostenvorteile realisieren“, meint Asbeck. Von den Geschäftskontakten der Fuhrländer GmbH nach Spanien und vor allem auch nach Japan kann SolarWorld künftig auch profitieren. Der Export von Solarmodulen ist dadurch einfacher geworden. Die Erfolgsgeschichte des Unternehmens kommt bei den Börsianern an. Die SolarWorld-Aktien sind seit wenigen Wochen auch an der Stuttgarter Börse, in Berlin, in Frankfurt/Main sowie im Xetrahandel.

Asbeck hat als kleiner Newcomer in der grünen Strombranche das erreicht, wovon noch viele träumen: ein Unternehmen in null Komma nichts an die Börse zu führen und sich dabei keine blutige Nase zu holen. Mitte Dezember überraschte er mit einem weiteren Coup: SolarWorld riss sich den schwedischen Solarmodulhersteller Gällivare Photo Voltaic (GPV) unter den Nagel. Langfristig, so Branchenkenner, wird sich das für Asbeck rechnen. Denn von der Produktion über den Handel von solaren Elementen bis hin zum Bau kompletter Anlagen hat SolarWorld nun einen großen Teil der solarwirtschaftlichen Wertschöpfungskette in eigener Regie unter Kontrolle. Im Vergleich zum Vorjahr konnte im Geschäftsjahr 1999 der Umsatzerlös um 70 Prozent auf 10,7 Millionen Mark gesteigert werden. Zur Beruhigung der Banker und Analysten übersteigen die tatsächlichen Umsatzerlöse die im Emissionsprospekt genannten Planzahlen um 30 Prozent. Michael Franken