new york, new york
: Super Tuesday

SCWEIN GEHABT

Am gestrigen „Super Tuesday“ erlösten die Wähler in New York, Kalifornien und Ohio den Rest des Landes von einem wenig erquicklichen Vorwahlkampf. Solche Wahlkämpfe folgen nicht nur einer sehr speziellen Choreografie, auch das Vokabular unterliegt einer eigentümlichen Semantik.

In der New York Times stand über einen der beiden republikanischen Kandidaten unlängst eine Bemerkung, die sich etwa so ins Deutsche übersetzt: „Senator John McCain hat vor allem etwas gegen die verschiedenen Sorten Schweinefleisch, mit denen einflussreiche Senatoren bestimmte Gelder mit einer Ohrenmarke versehen.“ Man denkt an fettige Finger und fund-raising barbecues. Das Thema, mit dem hier Stimmung und Stimmen gemacht werden sollen, sind dubiose Formen der Vergabe öffentlicher Gelder – die sich des nicht weniger dubiosen Namens pork barreling erfreuen.

Schweinefleisch in Fässern? Oder fassdicke Mastschweine? „Klingt wie: zu viele Leute, die zu viel Unsinn reden“, meint meine Mitbewohnerin. Auf der Suche nach einer distinguierteren Antwort befrage ich die Clique potenzieller Wähler, die sich allabendlich in der Bar an der Ecke trifft. Pork barreling werfe ich dort also in die illustre Runde – und muss sogleich hinterherschicken, dass ich nichts Obszönes im Sinn habe. Wenn es was mit Politik zu tun habe, solle ich auf Jody warten, der gerade auf der Toilette sei. Mit vom Bier gebremster Stimme und vom Leben geschärftem Verstand klärt dieser tatsächlich die anstehende Sachfrage. „Pork barreling ist, wenn du eine Menge Extras bekommst, die du nicht brauchst.“ Am Ende des Abends habe ich meine Lektion gelernt. Hier zu Lande handeln sich die Senatoren vor Haushaltsabstimmungen gegenseitig Zugeständnisse ab. „Gibst du mir deine Stimme, bekommst du meine“, und nachher hat jeder ein Mitbringsel für die heimische Wählerschaft im Gepäck. So türmen sich im Etat die kleinen Summen, von denen nur wenige was haben, die aber den Speck fett machen. Öffentliche Gelder werden also zu Schmiergeldern, und wer bei alledem an schmutzige Hände denkt, liegt wahrscheinlich gar nicht so falsch. Warum das Schwein deshalb ins Fass muss, bleibt zwar unklar, ist aber nicht das einzig Rätselhafte an diesen Primaries. TOBIAS HERING