Ein Bilderbuch-Banker

Horst Köhler, der neue deutsche Kandidat für den IWF-Posten, ist ein erfolgreicher Fachmann und deshalb ein geeigneter Vertreter der Europäer

Er ist ein Schatz, hat Altbundeskanzler Helmut Kohl mal von seinem damaligen Berater Horst Köhler gesagt, und vielleicht wird bald der innigste Wunsch seines Schatzes wahr: Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu werden. Gestern hat Bundeskanzler Gerhard Schröder den derzeitigen Präsidenten der Osteuropa-Bank EBRD in London und CDUler gefragt, ob er es werden will. Er sei bereit, wenn eine breite Mehrheit ihn wolle, soll Köhler geantwortet haben.

Ganz so bescheiden braucht der 57-jährige Bauernsohn nicht zu tun: Er hat den Job schon gewollt, als er 1998 bei der EBRD anfing. Aber in dem Satz zeigt sich schon, wen Schröder da ausgesucht hat: nicht nur einen Diplom-Volkswirt und Währungsfachmann, sondern auch einen Politiker, der weiß, dass es auf die Europäer ankommt. Ein Mann. Ein Deutscher. Ein Bilderbuch-Banker. Was will der IWF mehr. Die Karriere des Horst Köhler ist so gerade wie eine Autobahn:

Volkswirtschaftsdiplom, Grundsatzabteilung Wirtschaftsministerium, dann Finanzministerium, Profilierung bei europäischen Wirtschafts- und Währungsfragen, Staatsekretär unter Finanzminister Theo Waigel, Sherpa für Kohl beim Weltwirtschaftsgipfel, Luftholen als Präsident beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), Präsident der Osteuropa-Bank. Verheiratet. Zwei Kinder. Seit 1995 Offizier der französischen Ehrenlegion. Ein loyaler Europäer, einer, der bei acht Geschwistern weiß, was Familiensinn heißt. Der einen ausgeprägten Ostblick hat, weil er als Sohn von Rumänen in Polen geboren wurde, und damit finanzpolitische Sorgenkinder des IWF bedienen würde. Auch einer, der Erfahrung hat mit Umstrukturierungen, mit Reformen: Sowohl bei der EBRD als auch bei der DSGV hat er Reformprozesse zu Ende geführt, Interessen durchgesetzt, solide Politik gemacht. Ein Verhandlungsführer, der den Vertrag über die Europäische Währungsunion in Maastricht geprägt hat und auch mal parteifremde, klare Meinungen vertritt. Kurz: ein Fachmann eben, einer, dem man jede Bürokratie und Verwaltung bedenkenlos anvertraut.

Wer allerdings in der Vita des Kandidaten nach Ungewöhnlichem sucht, nach Ausbrüchen aus der Karriere, nach irgendeiner Erfahrung außerhalb der Banken- und Finanzwelt, die aus dem guten Kandidaten den europäischen Hoffnungsträger für den Washingtoner Koloss macht, der sucht vergebens. Köhler hat Europa immer nur erster Klasse verlassen. Er kann saubere Arbeit leisten. Braucht das der IWF?

MAIKE RADEMAKER