Die Brücke zur Fusion ist noch brüchig

Die Berliner und Brandenburger Regierungen wollen eine Länderfusion noch in diesem Jahrzehnt, doch bei konkreten Kooperationsvorhaben fällt die Einigung schwer. Eberhard Diepgen erweist sich als Bremsklotz der Länderehe

von DOROTHEE WINDEN

Berlin und Brandenburg streben „noch in diesem Jahrzehnt“ eine Fusion an, doch bei einer gemeinsamen Sitzung der beiden Landesregierungen blieben am Dienstagabend viele strittige Fragen ungelöst. Ein gutes Omen für einen erneuten Anlauf zu einer Länderehe war dies nicht. Weder konnte man sich auf einen gemeinsamen Medienbeauftragten für Berlin-Brandenburg verständigen noch den Konflikt um Ausgleichszahlungen für Brandenburger Gastschüler an Berliner Schulen beilegen. Dieses Problem soll der Koordinationsbeirat der beiden Länder im Juni klären.

Schon was den Zeitpunkt der Fusion angeht, waren sich die beiden Regierungschefs nicht ganz einig: Während der brandenburgische Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) einen Zusammenschluss der beiden Länder „noch in diesem Jahrzehnt“ anstrebt, drückte sich der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen verhaltener aus: er wolle die Fusion „möglichst noch in diesem Jahrzehnt“.

Die Einsetzung eines gemeinsamen Medienbeauftragten scheiterte am Widerstand Diepgens. Der Regierende Bürgermeister hat den Medienbeauftragten zur Chefsache erklärt, doch seit Monaten kommt nichts voran. Zunächst rangelten Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner und Diepgen darum, ob der Beauftragte in der Senatskanzlei oder in der Wirtschaftsverwaltung angesiedelt werden sollte. Dann schlugen Branoner und sein Brandenburger Kollege einen gemeinsamen Medienbeauftragten vor. Er soll sich hauptsächlich dem Standortmarketing und dem Anwerben von Medienbetrieben widmen. Doch Diepgen, dem Westberliner Denken fest verhaftet, befürchtet, dass ein gemeinsamer Beauftragter die Interessen Berlins nicht ausreichend vertreten werde.

Zur Begründung, warum eine Einigung über den Medienbeauftragten noch aussteht, erklärte Diepgen am Mittwochabend, Zuständigkeit und Befugnisse seien noch nicht geklärt. Das gemeinsame Vorhaben ist bis auf weiteres auf Eis gelegt, so die Einschätzung aus Brandenburg. In Kürze soll jedoch ein Medien-Kooperationsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg unterzeichnet werden, der unter anderem ein gemeinsames Standortmarketing beeinhaltet.

Auch gegen die von der PDS gewünschte Enquetekommission sperrte sich Diepgen. Dagegen hatte sich auch der Brandenburger Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) ausgesprochen. Die Vorbereitung der Fusion soll nun eine nicht näher definierte Kommission der beiden Parlamente übernehmen. Diepgens widerstrebende Haltung zu einer Enquetekommission ist insofern wenig sachdienlich, als auf diese Weise die Einbeziehung der PDS gesichert wird. Und ohne die PDS ins Boot zu holen, dürfte die Fusion auch bei einem zweiten Anlauf misslingen. 1996 hatten 62,7 Prozent der Brandenburger die Fusion abgelehnt, in Berlin hatte eine knappe Mehrheit von 53,4 Prozent dafür gestimmt.

Die Fusion, so bekräftigten Stolpe und Diepgen, solle diesmal „von unten“ vorbereitet werden. „Alle sollen mitgenommen werden“, so Diepgen. Daher gelte: „Sorgfalt geht vor Terminplanung.“ Aus diesem Grund habe man sich auch nicht auf einen konkreten Fusionstermin geeinigt.

Konkrete Kooperationsprojekte sollen der Bevölkerung verdeutlichen, warum eine Fusion für beide Länder von Vorteil ist. Geplant sind eine engere Zusammenarbeit der Gerichte und eine gemeinsame Schulentwicklungsplanung. Überlegungen zu einer engeren Kooperation der beiden Verfassungsschutzbehören bewertete Stolpe allerdings zurückhaltend: „Ich finde alles gut, was sich bei näherer Prüfung als sinnvoll erweist.“