DIALOG DER ZIVILISATION ZWISCHEN BERLIN UND TEHERAN
: Kulturaustausch als Schrittmacher

„Beide Seiten sind bereit, die Probleme der Vergangenheit zu bereinigen und einen neuen Anfang zu machen“, sagte der deutsche Außenminister Joschka Fischer am Ende seines Teheran-Besuches. Auch sein iranischer Kollege Kamal Charrasi wiederholte genau diesen Satz auf Persisch. Sollte das alles sein, was ein deutscher Außenminister nach der siebenjährigen Eiszeit zwischen Deutschland und Iran erreicht hat? Kann man die Vergangenheit einfach für bereinigt erklären? Eine Vergangenheit, die durch Verbrechen der iranischen Mordkommandos auf deutschem Boden, durch das Todesurteil gegen den Schriftsteller Salman Rushdie und durch das Mykonos-Urteil geprägt war?

Eine solche Vergangenheit lässt sich weder mit einem Außenministerbesuch in Teheran noch mit wohlwollenden Erklärungen beseitigen. Insofern tendiert der Unterschied zwischen dem grünen Außenminister und seinen Vorgängern gegen Null. Dennoch gab es andere Erwartungen an diesen Besuch. Die deutsche Wirtschaft wünscht sich natürlich die alten Zeiten herbei, als Deutschland der größte Handelspartner des Iran war. Aber die finanziellen Spielräume der iranischen Regierung sind sehr begrenzt. Dennoch ist das Land mit seinen Erdölreserven und seinen 60 Millionen Einwohnern für die deutschen Investoren sehr interessant. Ob Deutschland so schnell die alte Position wieder einnehmen kann, ist fraglich, denn jetzt haben sich andere Länder, wie Italien, Frankreich oder Japan, so im Iran-Geschäft engagiert, dass die Deutschen einen längeren Atem brauchen.

Kein vernünftiger Mensch kann sich gegen mehr Handel und Wandel zwischen Iran und Deutschland oder gegen einen Dialog der Zivilisation aussprechen. Der Schwerpunkt sollte derzeit aber zuallererst auf kulturellem Austausch liegen, denn über einen solchen freien Kulturaustausch lassen sich viele alte Vorurteile abbauen und auch neue Probleme beseitigen, über einen solchen Austausch wird zudem der Reformprozess im Iran am besten unterstützt. Deutsche Kulturinstitute und Stiftungen sollten sich auf den Weg nach Teheran machen. Joschka Fischer könnte sich zum Beispiel sofort für eine Wiedereröffnung des Goethe-Instituts in Teheran stark machen. ALI SADRZADEH