Grünbuch zu Treibhausgasen

Die EU-Staaten überlegen, wie sie bis 2012 den Ausstoß von Treibhausgasen auf Kioto-Ziel senken: acht Prozent weniger als 1990. In den meisten Ländern nimmt der Verbrauch jedoch zu

Aus BrüsselDaniela Weingärtner

Gestern stellte EU-Umweltkommissarin Margot Wallström der Öffentlichkeit ein Grünbuch zum Handel mit Treibhausgasen vor. Es hält sich allerdings zurück mit einer politischen Bewertung dessen, was Gegner einen „Ablasshandel mit Dreck“ nennen. Die Weltklimakonferenz in Kioto hat 1997 die entscheidende Frage offen gelassen, mit welchen Methoden die Vertragspartner den Ausstoß von Treibhausgasen erreichen. Über die so genannten „flexiblen Mechanismen“, den möglichen Handel mit Emissionszertifikaten, soll in einer Folgekonferenz im November 2000 abschließend beraten werden.

Wallström schlägt vor, bis 2005 ein länderübergreifendes Modell zu testen. Dabei soll nur der Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) in den sechs Industriezweigen berücksichtigt werden, die den Löwenanteil dieses Treibhausgases produzieren. Alle anderen klimaverändernden Gase sollen zunächst außen vor bleiben. Eine EU-weite Regelung – das räumt die Umweltkommissarin ein – beschneidet den Gestaltungsspielraum der Mitgliedsländer. Sie stellt aber sicher, dass in allen Ländern die Umweltkosten gleich hoch sind und Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden.

Nach diesem Modell sollen eisen- und stahlverarbeitende Betriebe, Papier-, Chemie- und Zementfabriken sowie Kraftwerke, die gemeinsam für fast fünfzig Prozent des CO2-Gehalts verantwortlich sind, feste CO2-Quoten bekommen. Wer mehr in die Luft pustet, muss entsprechende Zertifikate an der Treibhausbörse ersteigern. Wer sauber produziert, kann seine ungenutzten CO2-Mengen an der Börse verkaufen.

Wallström glaubt, dass ein EU-weiter Handel die Kosten der Kioto-Auflagen um ein Fünftel reduzieren könnte. Umweltschützer kritisieren hingegen, dass sich Dreckschleudern so von der Verpflichtung freikaufen können, ihre Anlagen zu modernisieren. Ohne Emissionsbörse allerdings wird die EU das zugesagte Ziel – 8 Prozent weniger bis 2012 gemessen am Ausstoß von 1990 – nicht erreichen können. Nur Luxemburg liegt um 47 Prozent unter dem Wert, der erreicht sein müsste, wenn die 1997 in Kioto gegebene Zusage 2010 eingelöst werden soll. Das kleine Land trägt nur 0,3 Prozent zum Treibhausausstoß der EU bei. Auch Deutschland (–7,5 Prozent) und Großbritannien (–4,5 Prozent) haben das Klassenziel erreicht. Alle anderen produzieren heute mehr Treibhausgase als 1990.