Deutschland in kleinen Portionen

Schröders Beraterrunde zur „Red-Green Card“ ist sich einig: Noch nicht einmal 30.000 ausländische Computerexperten dürfen ins Land. Und das auch nur für maximal fünf Jahre. Migrationsexperten sprechen von „völligem Nonsens“

aus Berlin ANNETTE ROGALLA

Die neue Arbeits- und Aufenthaltsregelung für ausländische Computerfachleute wird nicht so großzügig ausfallen, wie sich die Industrie erhofft. Weniger als 30.000 Computerexperten dürfen in die Bundesrepublik einreisen, und auch nur für einen eng befristeten Zeitraum. Die ersten Spezialisten sollen noch vor dem Sommer kommen dürfen. Dies war gestern aus der Umgebung des Arbeitskreises zu erfahren, der den Kanzler in der Frage der „Red-Green Card“ berät. Offiziell stellt Schröder sein Konzept am Montag vor.

Eigentlich hätte der Arbeitskreis, dem Vertreter aus Ministerien, Industrie und Gewerkschaften angehören, gestern tagen sollen, war aber bereits im Vorfeld zu einer Einigung gelangt. Damit Firmen Computerexperten leichter anheuern können, soll die derzeitige Hürde mit dem Namen „Anwerbestoppausnahmeverordnung“ niedriger gelegt werden. Künftig soll es für die Informationstechnologie-Branche eine Ausnahme geben, allerdings nur für maximal fünf Jahre. Die zeitliche Befristung sei „definitiv“, hieß es aus dem Arbeitskreis. Man beabsichtige in diesem Zusammenhang auch keine Diskussion über ein Einwanderungsgesetz.

Bildungsministerin Bulmahn (SPD) sagte in einem TV-Interview, die Regierung wolle die Genehmigungen für einen „Zeitraum von drei bis fünf Jahren“ ausstellen. Und die Visaregelung werde „ganz klar auf Spitzenfachkräfte“ beschränkt, so Bulmahn.

Über die Kriterien, nach denen die Arbeitskarte verteilt werden soll, mochte sich die Bildungsministerin nicht äußern. Offensichtlich aber will die Bundesregierung jene Firmen bevorzugen, die nachweisen können, dass sie selbst auch Anstrengungen zur Aus- und Weiterbildung von Fachkräften unternehmen.

Mit der Fünf-Jahres-Frist soll verhindert werden, dass die High-Tech-Gastarbeiter sich auf Dauer in Deutschland niederlassen könnten. Das Ausländergesetz billigt Beschäftigten, die länger als fünf Jahre im Land sind, ein „verfestigtes Aufenthaltsrecht“ zu. Dieses Recht beinhaltet zum Beispiel auch die Option, die Familie nachziehen zu lassen.

Die anvisierte Fristenregelung für Computerarbeiter sei keineswegs diskriminierend gemeint, verteidigt sich ein Referent der Arbeitsgruppe: „Wir wollen ja nur junge zwanzigjährige Spezialisten ins Land holen, die sind weder verheiratet noch haben sie Kinder. Die wollen arbeiten, Geld verdienen und schnell ins nächste Land weiterziehen.“

Bei Migrationsexperten finden die neuen Schröder-Ideen wenig Anklang. „Die Befristung ist völliger Nonsens“, spottet Safter Çinar von der Türkischen Gemeinde in Deutschland. Niemand werde als Arbeitsmigrant nach Deutschland kommen wollen ohne längerfristige Perspektive. Die Regierung begehe jetzt den gleichen Fehler wie in den Sechzigerjahren, als sie die ersten Türken herholte. Auch sie sollten nur kurz bleiben und sind heute verstrickt in ein Ausländergesetz, das einst als Übergangsregelung geplant war.

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