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Alles kommt aus des Präsidenten Hand

Die algerische Regierung verleibt Tageszeitungen, Druckereien, Werbung und Pressevertrieb einer Staatsholding ein

Algeriens Regierung hat die Pressevielfalt satt. Fortan sollen sechs regierungsnahe Zeitungen zu einer staatlichen Presseholding zusammengefasst werden. Ebenfalls mit im Verbund sind die sechs Zeitungsdruckereien des Landes sowie die einzige große Werbeagentur Anep und die Vertriebsgesellschaft Enamep.

„Die neue Gesellschaft wird dazu beitragen, die Aktionen und das Programm der Macht im politische, wirtschaftlichen und sozialen Bereich zu unterstützen und zu koordinieren“, heißt es im größten der beteiligten Blätter, El Moudjahid, unverhohlen. Die Staatsholding unter dem Namen „Presse et Communication“, die direkt dem Kommunikationsministerium unterstehen soll, wird vom ehemaligen Jugend- und Sportminister Abdelkader Khemri geleitet, der zu den engen Vertrauten von Präsident Abdelasis Bouteflika zählt. Neben der neuen Holding kontrolliert die Regierung ohnehin alle Sender so wie den größten Internetprovider des Landes.

„Das ist keine Holding, sondern ein Hold-up, ein Überfall“, sagt Mustafa Bouadef, Generalsekretär der größten Oppositionspartei Front der Sozialistischen Kräfte (FFS). Obwohl die sechs Blätter der „Presse et Communication“ unabhängigen Schätzungen nach zusammen gerade 80.000 bis 100.000 Exemplare pro Tag verkaufen, ist der Zusammenschluss ein schwerer Eingriff in die Presselandschaft, da die Holding sämtliche Zeitungsrotationen besitzt. Diese Monopolstellung hatte die Regierung schon früher immer wieder genutzt, um unliebsame Publikationen abzustrafen: Wegen angeblicher Zahlungsrückstände weigerten sich die Druckereien in den letzten Jahren mehrmals, die unabhängigen Blätter zu produzieren, und ließen damit die Algerier wochenlang ohne demokratische Morgenlektüre.

Auch wenn das staatliche Werbemonopol 1999 fiel, herrscht die Anep nach wie vor über das Gros der Anzeigen. Denn vor allem die staatliche Großindustrie wickelt ihre Kampagne nur über diese Gesellschaft ab.

„Die staatlichen Medien müssten eigentlich öffentliche Medien sein“, verlangt Bouadef, „stattdessen sind sie jetzt noch fester in der Hand eines einzigen Mannes.“ Nämlich der des Präsidenten. REINER WANDLER

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