Skandinavier wollen den Euro

Die sozialdemokratischen Regierungen in Schweden und Dänemark haben es eilig,den Euro einzuführen. Nun soll das Volk über einen raschen Beitritt abstimmen

STOCKHOLM taz ■ Skandinavien ist auf dem Weg Euro-Land zu werden. Wollten bislang nur die Finnen ganz vorne mit dabei sein, wenn es heißt, der eigenen Währung 2002 Lebewohl zu sagen, haben die in Dänemark und Schweden regierenden Sozialdemokraten Ende letzter Woche jeweils den Weg für baldige Volksabstimmungen abgesteckt. In Dänemark soll die Volksabstimmung auf den 28. September vorgezogen werden, falls ein Sonderparteitag dies absegnet. Und in Schweden verabschiedete am Wochenende ein sozialdemokratischer Sonderkongress mit zwei Drittel Mehrheit das Ziel eines Beitritts zur Euro-Zone, zu dem aber ebenfalls noch das Volk im übernächsten Jahr befragt werden soll.

Hinter dem Ansturm auf den Euro stecken allerdings keine primär finanzpolitischen Argumente. „Dies ist ein sozialdemokratisches Projekt und deshalb wollen wir dabei sein“, brachte es Schwedens Ministerpräsident Göran Persson auf dem Parteikongress am Freitag auf den Punkt. In seiner Partei hat sich tatsächlich die Stimmung deutlich verschoben – nicht zuletzt dank der Anti-Haider-Initiative der EU. Nur noch eine geschrumpfte linke Minderheit sieht in der EU und im Euro ein Projekt des Kapitals und ein Ende der Selbständigkeit.

Wirtschaftliche Argumente hätten es auch schwer: Denn Schwedens Volkswirtschaft hat sich in allen Belangen deutlich besser entwickelt, als die der Länder innerhalb der Euro-Zone. Geringere Arbeitslosigkeit, höheres Wirtschaftswachstum, geringere Inflation. Seit Euro-Einführung hat die Schwedische Krone ihren Wert um 16 Prozent gegenüber dem Euro erhöht. Göran Persson kann daher auch nur mit theoretisch möglichen Problemen Stimmung machen: Man könne auf dem globalen Markt nicht mit so einer kleinen Währung allein stehen, irgendwann werde man wieder der Spekulation ausgesetzt werden, spätestens beim nächsten Konjunkturtief. Dann, unkte Persson am Freitag, würden „anonyme Kapitalgruppen diktieren, ob wir unseren Alten noch Renten zahlen können“.

Die plötzliche Angst, allein dazustehen, wird wohl verstärkt durch die Eile, mit der die dänischen Genossen vorgehen. Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen will das Euro-Thema angesichts eines rekordträchtigen Sympathietiefs seiner Partei – sie krebst derzeit bei nur noch 20 Prozent – nicht nur in gutem Abstand vor den nächsten Wahlen abhaken. Er will auch den Rücken frei haben für die anderen EU-Knackpunkte, die auf Lösung harren. Das dänische Wahlvolk ist ja auch gegenüber einer gemeinsamen Verteidigung skeptisch – die Euro-Abstimmung soll vorüber sein, bevor dieses im Herbst anstehende Thema wieder eine kräftige antieuropäische Welle provoziert.

Ein Ja zum Euro würde in Dänemark finanzpolitisch einen kleineren Schritt bedeuten als in Schweden. Die Dänische Krone ist bereits in die europäische Währungszusammenarbeit integriert, wodurch die dänische Nationalbank ihre Selbständigkeit bereits zum Teil an die Europäische Zentralbank abgegeben hat. Was sich auch darin zeigt, dass die Krone dem Abwärtstrend des Euro in der Vergangenheit nahezu getreu folgte. Man befindet sich in der ungünstigen Zwischenposition, keine selbstständige Zinspolitik mehr betreiben zu können, bei der EZB aber auch nicht mitreden zu dürfen – dank der zum Glück guten Konjunkturlage bislang ohne Probleme.

Die Euro-Kritiker in beiden Ländern fürchten, dass nach dem Beitritt viele skandinavische Errungenschaften im Sozialwesen in Gefahr geraten, weil sich mit der Finanzpolitik irgendwann auch die Steuerpolitik vereinheitlichen müsse.

Zur Zeit halten sich in beiden Ländern Befürworter und Gegner mit je 40 Prozent die Waage. Womit sie sich durchaus auf dem Niveau der Euro-Zone befinden, wo nach einem am Freitag veröffentlichten Politikbarometer ebenfalls knapp 40 Prozent den Euro gerne wieder verabschieden würden. REINHARD WOLFF