: Belgien klagt in Chile gegen Pinochet
Die belgische Justiz verfolgt die Fälle von Angehörigen weiter und reiht sich in die vielen Klagen in Chile ein. Spaniens Ermittlungsrichter Garzón hält den internationalen Haftbefehl aufrecht und bietet der chilenischen Justiz Zusammenarbeit an. Ob es zum Prozess kommt, ist immer noch unklar
BERLIN taz ■ Die belgische Regierung gibt nicht auf – sie verfolgt Ex-Diktator Augusto Pinochet bis nach Chile. Insgesamt 19 Klagen gegen Pinochet will Belgiens Justiz an die chilenische Staatsanwaltschaft weiterleiten und sich damit in die Serie der über 60 Klagen gegen den Putschgeneral einreihen. Belgien war eines der Länder, die Großbritannien um die Auslieferung Pinochets ersucht hatten, bevor der britische Innenminister Jack Straw den Ex-Diktator Anfang März wegen angeblicher gesundheitlicher Probleme nach Chile entließ.
Noch während des Auslieferungsprozesses, als sich die chilenische Regierung darum bemühte, Pinochets Freilassung zu erreichen, hatte sie die Justiz aller die Auslieferung begehrenden Länder gebeten, ihre Klagen nach Santiago weiterzuleiten. Das war allerdings von den meisten mit dem Thema befassten Anwälten als Schutzbehauptung abgetan worden. Denn noch immer ist unklar, ob es in Chile überhaupt je einen Prozess gegen den General a. D. geben wird. Zwar hat der zuständige Ermittlungsrichter schon kurz nach Pinochets Rückkehr beim Appellationsgericht die Aufhebung der Immunität des Senators auf Lebenszeit eingefordert, doch darüber ist noch nicht entschieden. Ebenfalls unklar ist, ob sich die chilenischen Gerichte, falls es zu einem Prozess kommen sollte, tatsächlich der Auffassung anschließen, „Verschwindenlassen“ wirke als Verbrechen bis heute, sei also nicht durch die zeitlich befristeten chilenischen Amnestiegesetze straffrei gestellt.
Auch die spanische Justiz um Ermittlungsrichter Baltasar Garzón bleibt am Fall Pinochet. Am vergangenen Freitag bekräftigte Garzón, dass der von ihm 1998 ausgestellte internationale Haftbefehl, aufgrund dessen Pinochet im Oktober 1998 in London festgenommen worden war, in Kraft bleibt. Außerdem bietet Garzón der chilenischen Justiz umfassende Zusammenarbeit an, insbesondere bei der Verfolgung von Klagen, die sich auf Verstöße gegen internationale Konventionen beziehen.
Die schweizerische Regierung hingegen hat gestern offiziell mitgeteilt, keine weiteren Beschwerden gegen die Freilassung Pinochets durch London mehr einlegen zu wollen. Auch die Schweiz hatte die Auslieferung beantragt, allerdings hatte Straw dieses Begehren zurückgewiesen, weil die Delikte, auf die es sich bezog, zur Tatzeit (1977) in Großbritannien nicht strafbar gewesen seien. Das sei, sagte die Schweizer Justizministern Ruth Metzler am Montag, so auch völlig in Ordnung. BERND PICKERT
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