Fischer zeigt sich seiner Partei ein wenig reuig

Beim Thema Staatsknete für China-AKWs ist die grüne Kommunikation „suboptimal“ gelaufen, räumt Joschka Fischer ein – und kritisiert zurück

BERLIN taz ■ Er habe einen „schweren Fehler“ gemacht, gab Außenminister Joschka Fischer auf der Fraktionssitzung der Grünen im Bundestag zu. Seine eigenen Realo-Freunde hatten ihn zuvor heftig kritisiert. Dabei ging es allerdings nicht darum, dass das Außenministerium einer Bürgschaft für den Neubau eines AKWs in China zugestimmt hatte. Die Realos kritisierten, dass sie in die Entscheidung nicht eingebunden worden waren und erst verspätet davon erfuhren.

„Die Kommunikation ist suboptimal gelaufen“, sagte Fischer in gewohnt zynischer Manier. Er selbst habe am Freitag noch nichts von der Entscheidung im „Interministeriellen Ausschuss“ gewusst, obwohl ein Vertreter seines Ministeriums dabei war. Drei Tage vor dem Parteitag sei dies eine „echte Katastrophe“, sagte Fraktionschefin Kerstin Müller. Mehrere Realos warfen Fischer vor, er habe es versäumt, die brisante Entscheidung bis nach dem Parteitag offen zu halten. Haushaltsexperte Oswald Metzger sprach von einem politischen „Super-GAU“. Etwa die Hälfte der Abgeordneten meldete nicht nur Kritik am Ablauf, sondern auch am Inhalt der Entscheidung an. Die Grünen könnten sich nicht im eigenen Land für den Atomausstieg stark machen und gleichzeitig ein neues AKW in China fördern. „Das ist das Sankt-Florians-Prinzip“, kritisierte die Menschenrechtsexpertin Claudia Roth. Auch Umweltpolitiker Winfried Hermann warf Fischer vor, er hätte „diese Kröte“ nicht schlucken dürfen.

Der Außenminister reagierte gereizt und beschimpfte seine Kritiker als „Oppositionsfundis“. Kanzler Schröder habe die Bürgschaft für das China-AKW zur Chefsache gemacht und sei in dieser Frage nicht kompromissbereit gewesen. Umweltminister Trittin versuchte zu retten, was zu retten war: Eine Paketlösung bedeute immer, dass auch Kröten geschluckt werden müssten. Dieses Argument flog ihm gleich wieder um die Ohren: Das Paket sei schließlich immer noch nicht geschnürt. Nach wie vor sei offen, welche Atomlieferungen nun definitiv gestrichen würden.

Reinhard Bütikofer, Bundesgeschäftsführer der Grünen, bestätigte dies gestern vor Journalisten in Berlin. Er sagte eine hitzige Debatte auf dem Parteitag zum Thema Hermes-Bürgschaften voraus: „Mit Sicherheit wird es Fragen aufwerfen, dass hier ein neuer Reaktor finanziert wird.“ Außerdem sie die Vermischung von militärischer und friedlicher Nutzung der Atomenergie in China „ein Problem“. Außenminister Fischer wird den Delegierten am Freitagabend, dem ersten Tag des Parteitages, erklären, wie es zu dieser Entscheidung kam. Danach werden die Fetzen fliegen.

TINA STADLMAYER