Durch den Kakao gezogen

Die neuen EU-Regeln sind eine Katastrophe für Produzenten wie die Elfenbeinküste

BERLIN taz ■ Für die Kakaoproduzenten der Welt bedeutet die Verringerung des Kakaogehalts von Schokolade weniger Absatz und damit weniger Geld. Bereits im vergangenen Sommer prognostizierten Marktbeobachter Preisnachlässe von 20 Prozent für den Fall des jetzt gefassten EU-Beschlusses.

Die Kakaoproduzenten der AKP-Staaten – die mit der EU durch besondere Handelsabkommen verbundenen Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks – würden dadurch 530 Millionen Dollar pro Jahr weniger einnehmen. Die westafrikanische Elfenbeinküste, die etwa die Hälfte des Kakaos der Welt produziert, muss nach eigenen Schätzungen 300 Millionen Dollar einbüßen.

Bei einem Staatshaushalt von 2,63 Milliarden Dollar dieses Jahr ist das für die Elfenbeinküste eine kaum zu verkraftende Mindereinnahme. Ohnehin ist der Kakaosektor des Landes im Umbruch. Jahrzehntelang kaufte die staatliche Kakaobehörde „Caistab“ den Bauern ihr Produkt zum Festpreis ab und agierte zugleich als eine Art schwarze Kasse der Regierung, in der die Profite aus dem Kakaoexport versickerten. Unter dem Druck des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank wurde letztes Jahr der Kakaohandel liberalisiert. Daraufhin stürzten die Produzentenpreise 1,67 Mark pro Kilo im November 1998 auf 60 Pfennig im November 1999 ab. Das führte zu Unruhen und begünstigte den Putsch von Weihnachten 1999. Die Preise haben sich seither nur wenig erholt.

Ohnehin befindet sich der Weltkakaomarkt in einer Situation des chronischen Überangebots. Die Internationale Kakaoorganisation prognostiziert für die Saison 1999/2000 eine Weltkakaoernte von 2,939 Millionen Tonnen, davon etwa 1,4 Millionen Tonnen aus der Elfenbeinküste. Der Weltmarktpreis erreichte im Dezember 1999 seinen niedrigsten Stand seit 1973.

Um mit der Lage fertig zu werden, haben die Kakaoproduzenten sich jetzt in einer „Allianz Kakao produzierender Länder“ zusammengeschlossen. Sie will nach Angaben ihres Generalsekretärs Sona Ebai „konzertierte Aktionen mit allen Partnern initiieren, um die durch den Verfall der Kakaopreise verursachten Defizite zu verringern“.

Aber was damit gemeint ist, außer dass die beiden wichtigsten Exporteure Elfenbeinküste und Ghana ihren Kakao neuerdings gemeinsam vermarkten wollen, weiß bisher niemand. Die neue Militärregierung der Elfenbeinküste hat erst recht kein Geld, um zum Beispiel Überschüsse aufzukaufen: Sie hat soeben unter Druck des IWF einen Sparhaushalt verabschiedet.

DOMINIC JOHNSON