Bezirke pfeifen auf Ausbildungsgelder

Senats- und Bezirksverwaltungen lassen 50 Millionen Mark für die beruflilche Erstausbildung ungenutzt

Nicht nur Haushaltslöcher sorgen für Aufregung – auch nicht ausgegebene Gelder. Im vergangenen Jahr wurden beispielsweise mehr als 50 Millionen Mark von den Senatsverwaltungen nicht ausgegeben. Die Mittel waren im Haushalt für die berufliche Erstausbildung von Schulabgängern vorgesehen – und blieben größtenteils von den Bezirken ungenutzt.

Sonst um jede Mark im Haushalt kämpfend, hat keiner der 23 Bezirke die eingeplanten Mittel ausgenutzt. Selbst Schöneberg, der ausbildungsfreudigste Bezirk, rief 800.000 Mark der zur Verfügung stehenden 5 Millionen Mark nicht ab. Zehn Bezirke ließen gar ein Drittel oder mehr liegen.

Die Verantwortung dafür wollen die Bezirke jedoch nicht übernehmen. „Wir bilden nur noch Beamte aus, die wir übernehmen können“, so erklärt Mittes Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (CDU) die Nichtverwendung von 2 der insgesamt 5,7 Millionen Mark. Stattdessen habe Mitte die Ausbildungszahl in anderen Berufen erhöht: Fachangestellte für Bürokommunikation, Gärtner, Vermessungsgehilfen und Zahnarzthelfer lernen beim Bezirksamt. Auch andere Bezirke bilden in Zusammenarbeit mit der Wirtschaft aus.

Der Bezirk Mitte wollte mit den übrig gebliebenen Millionen eigentlich ein Haushaltsdefizit bei den Personalkosten stopfen. Das aber ist nicht erlaubt: „Was übrig bleibt, fließt jedes Jahr zusätzlich in den Haushalt für Ausbildungen ein“, sagt Stefan Paris, Sprecher der Innenverwaltung.

Rainer Heinrich, beim Deutschen Gewerkschaftsbund für den Bereich Bildung zuständig, fordert deshalb: „Die Verwaltung muss auf Vorrat für andere Bereiche ausbilden.“ Nur so ließe sich die bestehende Ausbildungslücke schließen. Auch die Grünen-Abgeordnete Sybill Klotz will die ungenutzten Gelder für überbetriebliche und spezialisierte Ausbildung verwendet wissen. „Durch Förderprogramme könnte so der extrem geringe Frauenanteil in der Technologiebranche gezielt erhöht werden.“

Dabei erreichte die Zahl der Auszubildenden nach Angaben von Klaus-Peter Florian, Sprecher der Arbeitsverwaltung, im letzten Jahr eine Rekordhöhe. Über 62.000 junge Menschen seien derzeit in der betrieblichen Ausbildung. DIRK HEMPEL